Donnerstag, Mai 29, 2008

Mist!



Schweiß perlt auf dem Weg zum Flughafen. Keine Wolke über Deutschland, keine Klima-Anlage. Hitze brütet. Panorama-Blick auf Kontinental-Europa, den Ärmelkanal und Südengland aus dem Flugzeugfenster heraus. Millionär mit Ryan-Air bin ich auch diesmal nicht geworden. Versucht habe ich es erneut nicht. Kein Wunder insofern. Erste weiße Wattebäusche huschen über Mittelengland ins Fensterpanorama. Kein Betrunkener sitzt neben mir. Ich soll Parfum kaufen, esse aber lieber ein mitgebrachtes Käsebrötchen. Draußen verdichten sich die Wattebäusche. Beim Sinkflug über Edinburgh taucht die Maschine in mehrere hundert Meter dicken Nebel. Als habe jemand die Fenster von außen mit weißgrauer Farbe beschmissen. Panorama war einmal. Mist. Scottish mist. Ein Shuttle-Bus kurvt uns in die Innenstadt, muss dabei zigfache Umwege nehmen. Denn halb Edinburgh ist eine riesige Straßenbaustelle. Auch wenn man es des Nebels wegen kaum erkennen kann. Edinburgh will seine phänomenale Linienbusdichte ergänzen und entzerren durch den Bau einer allerersten Straßenbahn. Doch das wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. An der Princes Street - linkerhand von teuren Geschäften, rechterhand von einem abschüssigen, edlen Park flankiert - klettern wir hinaus in den Nebel. Ein hellgrauer Schemen im nassen Weiß lässt die Burg erahnen, die an und für sich hoch über dem Park thront. Zu unserer Begrüßung versteckt sie sich hingegen. Die Dämmerung senkt sich, und Straßenlampen sieben milchiges Licht. Gemütlich schlurfen wir zum "Caledonian Backpackers Hostel", dem obskuren Ort unserer Nachtruhe, den wir über das Internet gebucht haben. Eine Geschichte für sich und eine Geschichte, die in Kürze folgen wird.

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Freitag, Mai 23, 2008

Blick zurück



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Die richtigen Worte zu finden, ist schwierig. Zu unterschiedlich waren die Tage in Schottland, blickdichte Nebelschwaden und knallende Sonne, das Gewusel in Edinburgh und die schroffe Einsamkeit unter den steil aufragenden Gebirgsmassiven in den Highlands, das heruntergekommene Hostel in der Hauptstadt und das kuschlige Bed&breakfast in Fort William. Ich will und ich werde erzählen. Und ich hoffe, irgendwer findet und schickt mir mein Reisetagebuch, das ich irgendwo in der Einsamkeit auf einem der Bergkämme über Glenfinnan verloren habe. Dort, wo ich mir wegen warmem Wetter unbedacht eine Dreiviertelhose angezogen hatte und von wo ich mit Zecken am Bein zurückkehrte. Sechs. Die habe ich hinfort geschnipst. Sie liefen noch. Fünfzehn. Die hatten sich bereits festgebissen. Über zwanzig also insgesamt. Glenfinnan, das Zeckennest. Dieses Kaff mit kaum mehr als 50 Seelen, aber einem atemberaubend schönen Blick auf Loch Shiel und mit dem Viadukt, der wohl in Harry Potter Filmen eine große Rolle spielt, wie ich gelernt habe. (Ich habe noch nie einen der Streifen gesehen.) Dieses Kaff, wo das Denkmal für Bonnie Prince Charlie völlig einsam aus Sumpfgras emporragt. Und wo diese kleine Kapelle steht. Ein erstes Foto für Euch. Mehr kommt bald. Zunächst müssen die Erinnerungen sortiert und noch einmal gesammelt werden. Aber dann.

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Sonntag, Mai 11, 2008

Aye!


Wahrscheinlich spiele ich ähnlich gut Dudelsack wie Schach. Nun habe ich Schach seit zwölf Jahren nicht mehr gespielt und Dudelsack noch nie. Das tut nicht viel zur Sache. Aber ich fahre nach Schottland. Spontan. Jetzt. Für eine Woche. Ein paar Baumstämme werfen. Dem Highlander stechende Blicke entgegenschmettern. Vielleicht treffe ich auch Braveheart, gebe mich als Medizin-Technik-Vertreter aus und verkaufe ihm einen Herzschrittmacher. Oder ich bringe den Sachsen das Angeln bei. In jedem Fall: Stadt-Treiben in Edinburgh und seelebaumelndes Landschaftbestaunen mitten in den Highlands - in Fort Williams am Loch Linnhe, unterhalb vom Ben Nevis. Es kribbelt.

Donnerstag, Mai 08, 2008

Kurz nach der Siesta

Er spricht leise, haucht die Worte hinaus, als wolle er damit heiße Milch kühlen. Sagt, dass er seit Jahren kein Schach mehr gespielt hat, und klaubt eine Weintraube vom Fußboden auf. Zieht aus einer Leinentasche eine gelbe Rose und umkreist einen Dornen mit der Zunge. Sagt, dass er schon seit einer Viertelstunde auf den Bus warte. Dabei sitzt er mitten in der Fußgängerzone. Aber er sagt es leise. Und hauchend. Und plötzlich nimmt er eine volle Bierflasche, schleudert sie gegen die Schaufensterscheibe eines Uhrengeschäfts und schreit: "Warum trampeln eigentlich alle auf Rudi Schuricke rum?"

Sonntag, Mai 04, 2008



Am Stengel herausgezupft und mit ihren jungen Fingern verknotet. Vorsichtig. Gänseblümchenweise wächst die Kette, während Schnurrbärtige vorbeilaufen und Backfisch mampfen, der zuvor in tagealtem Fritösenfett geblubbert hat. Plastikpiekser und Pappteller. Eimer-Remoulade. Der Kugelbauch darf erstmals wieder unter dem T-Shirt ins Freie lugen. Nur kurz. Dann wird die offen getragene Jacke abgeschultert und vor dem Bauch die Ärmel geknotet. Aus mit Ausblick für den Nabel. Enten watscheln mit Weißbrot im Schnabel über den Ruderer-Pier. Frauchen lässt ihren Terrier von der Leine, wirft Stöckchen, Terrier rennt - gegen einen Eisenpoller. Nicht nach vorne geschaut. Das Gras riecht frisch und noch nicht nach Heu. Die Sonne ist heut nichts für Geigerzähler. Der Frühling kommt. Und so langsam sollte das Leben auch hier wieder beginnen zu sprudeln. Frischer Wind aus Nordwest. Ahoi.