Freitag, Juli 16, 2004

Dinosaurier in der rosafarbenen Stadt und Erdnussflip gewordene Röstbohnenaufgussgetränke

Ich fürchte, es steht schlimmer um meine Aussprache, als ich bisher dachte. Im Zug nach Mainz heute meinte ich im Bistro einen Kaffee bestellt zu haben, bekam aber nichts, was einem Kaffee ansatzweise ähnlich sähe, in die Hand gedrückt.

Es knisterte verblüffend laut, wenn man es schüttelte raschelte es, es dampfte weder, noch schien es flüssig zu sein und nach Kaffee roch es auch nicht. Es war eine Tüte Erdnussflips. Kein Kaffee, Flips. Aber keine Flips sondern Kaffee dachte ich bestellt zu haben.

Auf Nachfrage wurde mir auch bestätigt, dass es kein Kaffee sei, den ich da in Händen hielt. "Abbär müsse schie sssage, wänn Schie Kaffä chabbe wolle..."

Ich dachte, ich hätte. Nun gut, das Missverständnis war schnell geklärt und ich sah mich flugs im Besitz eines warmen, dampfenden Kaffees, der nicht knisterte und auch nicht raschelte, wenn man ihn schüttelte.

Mainz ist sehr rosa. Man umziert gern Fenster mit Stuck und malt den rosa an, nimmt rosafarbene Backsteine und baut daraus Karnevalsmuseen und Kirchen. Mein zukünftiges Domizil ist nicht rosa sondern grau und hoch. Mit blauen Rallyestreifen am Dach. Und einem komischen Anbau nach vornehin, den ich noch nicht verstehe. Ein fünfzehnstöckiges Hochhaus, das den leicht maroden Charme der inzwischen einige Jahrzehnte vergangenen Zweckbaumodernität der späten 60er Jahre atmet.

Dafür gibt es keine quetsch-engen Bettabwandlungen mit Kippscharnierrückenlehne, wie damals an der alten Sternwarte. Das ganze Viertel atmet den Betonbaucharme vergangener Jahrzehnte, aber das darf es zwei Monate lang auch.

Nur zwei Minuten zu Fuß ist ein Dönermann, die Mensa ist auch nicht weit. Irgendwo da werde ich mir von 70 Cent Essenszuschuss einen Snickers kaufen.

Im Mainzer Bahnhof wird man von einer helltürkisblauen Kiste begrüßt, etwa drei mal drei Meter groß, die an den Seiten Schaukästen hat, mit Eisenstäben vergittert. Dahinter stehen winzige Plastik-Dinosaurier, wahrscheinlich in Craiova oder Witebsk von Frauen mit tief zerfurchten Händen bemalt. Sie stehen dichtgedrängt nebeneinander, aufgereiht wie Hühner in einer Legebatterie. Durch die Eisenstäbe werden sie an der Flucht gehindert.

An einer Seite der Kiste ist kein Gitter, sondern ein Verkaufstresen. Wenn man möchte kann man da winzige Plastikdinosaurier kaufen. Oder auch größere. Es gibt auch Plüschexemplare, Dinos auf Papier zum Malen nach Zahlen, Schlüsselanhängersaurier und in PVC gegossene Nachbildungen fleischfressender und vegetarischer Riesenechsen als Briefbeschwerer.

Vor dem Bahnhof stehen größere Dinosaurier. Vielleicht sind auch sie aus Plastik. Zumindest sind sie nicht vergittert, scheinbar können oder wollen sie nicht fliehen. Toller Werbespruch: Wer Dinosaurier mag, wird den Mainzer Bahnhof lieben.

Im Gegensatz zu vielem anderen in Mainz waren allerdings nur wenige bis gar keine Dinosaurier rosa. Zusammenhang zwischen Dinosauriern und Hauptbahnhöfen: bisher unbekannt. Vorschläge?

Habe vor der Rückfahrt am Mainzer Bahnhof Kaffee bestellt und keine Erdnussflips bekommen.


P.S.: Ich mag Mütter nicht, die um acht Uhr morgens einen aus dem Bett telefonieren, wenn man erst um fünf Uhr angetrunken in die Federn gefallen ist.

1 Wortmeldung(en):

Anonymous Anonym meint...

Hab ich jetzt anonym gepostet? Wenn ja, dann geht's ja.

16/7/04 12:07

 

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