Sonntag, Februar 27, 2005

Es lebe billig...

Wer gern Superschnäppchen an Grabbeltischen ergattert und Unerwartbares in Lebensmittel-Supermärkten kauft, hat neue Lesesessellektüre. In der Bahnhofsbuchhandlung flutschte mir gerade der "Discounter-Plan 2005" in die Hände. Nun kann man schon im Januar aufstöbern, was es wo im November spottbillig gibt.

So gibt es in der 39. Kalenderwoche eine Akku-Säbelsäge bei Penny für 39,99 €, in der 48. Kalenderwoche kann man bei LIDL eine Profi-Wetterstation für vier Cent weniger mit nach Hause nehmen und bei Plus gibt es in Kalenderwoche 15 für 29,95 € bei Plus eine Schmutzwasserpumpe.

Think positive!

Ein Paradebeispiel eines Optimisten stand gerade am Bahnhof: "Oh guck mal! Es sind nur noch -3 Grad, schon ein Grad wärmer als vorhin. Jetzt wird's langsam Frühling."

Farbpsychologie?

An meinen grünen Schuhen gehen in letzter Zeit häufig die Schnürsenkel auf. Ich schätze, das liegt nicht an der Farbe.

Donnerstag, Februar 24, 2005

Wenn man mal stecken bleibt...

Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich heute in einem Aufzug stecken geblieben. Es war der alte Klapperaufzug aus den Sechzigern in unserem Institut. Der hatte gerade erst zwei Wochen lang gar keinen Dienst mehr getan, seit gestern ging er nun wieder und ich wagte das Abenteuer. Kistenweise Post über die Treppe hochzuschleppen schien mir die ungemütlichere Alternative. Ich fuhr hoch, plötzlich blieb er stehen. Zwei Minuten lang, vielleicht drei. Dann drückte ich auf ein anderes Stockwerk und er fuhr wieder. Was mich leicht verwunderte: Er roch von innen enorm intensiv nach Parmesan.

Mittwoch, Februar 23, 2005

Mr. Lampshade


Es gibt Momente, in denen springt der Wunsch ins Herz, von einem Straßenhändler mit geschwungenem Schnurrbart einen Lampenschirm zu kaufen. Oder ein handgefertigtes Miniatur-Blech-UFO.

Legend of the Wu-Tang

Möglicherweise muss die Legende umgeschrieben werden. Vielleicht riecht eine der weltbekanntesten HipHop-Combos abends nach Bratfett und wohnt gar nicht in den USA sondern in der münsterländischen Provinz. Eine gute Bekannte von mir hat lange Zeit bei Burger King an der Eishalle in Münster gearbeitet. Und ihrer Erzählung nach hingen an der Wand, die für das Aufbewahren der Stechuhr-Karten gedacht war, zwei Karten immer direkt übereinander - die von Frau Wu und Frau Tang. Dass die beiden aus Korea stammten und während der Arbeit nie gerappt haben, besagt noch nicht viel.

Reim Dich, oder ich fress' Dir!

Einer der kürzestmöglichen deutschen Schüttelreime - heute frisch in meinem Hirn eingetroffen, sofort ausgepackt und noch warm und duftend serviert:

Du bist
Buddhist

Dienstag, Februar 22, 2005

Wenn man gar nicht so genau weiß, wen man da grad nach links geschoben hat

Manche Menschen vom BND oder vom Innenministerium lassen es sich zuweilen nicht nehmen, Vorträge über die Gefahr des Terrors zu halten. Auf solch einem war ein Freund meines Vaters.

Er - ein Schelm vor dem Herrn - fand sehr viele Aussagen des Vortragenden erschreckend pauschal und ins Blaue getroffen. Daraufhin fragte er dann bei der anschließenden Diskussionsrunde, wie hoch denn die Gefahr terroristischer Anschläge durch die TKKG wäre. Der halbe Saal grinste, lachte oder verbarg den Schmunzelreiz in den Mundwinkeln geschickt.

Die andere Hälfte kratzte sich schulterzuckend an der Stirn und schien TKKG für nicht viel mehr als eine Abkürzung für irgendetwas zu halten. Darunter möglicherweise auch der Referent. Zumindest wusste er auf die ihm gestellte Frage folgendes zu berichten (die Quelle seiner Informationen ist im Dunklen geblieben):

"Die TKKG ist politisch ungefähr im selben radikal-linken Lager einzuordnen wie die PKK. Insofern sind Übergriffe möglich, aber hier in Deutschland nicht wahrscheinlich."

Mir war bisher noch gar nichts von Auslandseinsätzen von Tarzan (Tim), Karl, Klößchen und Gabi - der Pfote - bekannt. Hinter dem Terrorpotenzial von Justus Jonas und Konsorten bleiben bis auf Weiteres drei große Fragezeichen.

Sonntag, Februar 20, 2005

Keine Panik oder Gassigehen in Atom-Dur?

Ich mag mich geirrt haben. Falls nicht, hat gerade Udo Lindenberg einen Bernardiner mit blinkenderm Halsband durch die Bremer Straße in Leer Gassi geführt.

Samstag, Februar 19, 2005

Jaa, ik will de Mosselpan!

Er japste nicht nach Luft, zappelte aber wild. Wahrscheinlich war er aus Plastik. Er hing an einer seltsamen roten Gummileine, an deren unterem Ende sich ein Ring befand, der ihn eng umschloss. Sein Herrchen trug einen schlohweißen Fusselvollbart, einen schwarzen Rock, der sich bei jeder Windböe aufblähte wie ein Rahsegel auf der Gorch Fock. Schräg auf dem Kopf saß ein zerknautschter Zylinder, der ein paar verwirrte Haarsträhnen auf der anderen Kopfseite im Wind tanzen ließ. Seine Füße umschmiegten rote Lacklederschuhe. Er, der zappelte, er, der japste, war ein Fisch. Und sein Herrchen schlörrte ihn an der Gummileine etwa zehn Zentimeter über dem Boden quer durch Groningen. Wozu einen Hund halten, wenn man einen biegsamen Plastikfisch hat, den man mit zum Einkaufen nehmen kann? Braucht kein Futter, gebärt kein Lebendfutter, bekommt keine Rückenprobleme und verleitet nur in Ausnahmefällen dazu ihn zur Lebensrettung einzufrieren.

Trotz rasiermesserscharf schneidendem Wind und hageligen Hasstiraden vom Himmel war's ein gemütlicher Einkaufsbummeltag mit Mutter jenseits der niederländischen Grenze. Fantastischer, knuspriger Apfelkuchen - noch warm und dampfend - mit Schlagsahne, dazu Koffie verkeerd... ein Schmaumengaus! Mein Klamottenschrank und mein CD-Regal sind fortan noch etwas voller als eh schon, der Bauch auch, nur meinen Geldbeutel plagt eine dazu proportionale klaffende Leere. Im Plattenladen gesehen: Das CD-Fach, in dem lauter Dire Straits-CDs lagen war überschrieben mit "de Knopflertjes".

Freitag, Februar 18, 2005

Gloria et dignitas

Ein durchaus vergnüglicher Zeitvertreib am Abend ist die Teilnahme an einem Kneipenquiz. Heute haben auch Hilmar und ich uns erstmals in die guinessdunstige "Kampf-Arena des Wissens" gestürzt und mit einem nigelnagelneu formierten Team ("High Fidelity") doch glatt im allerersten Versuch von zwanzig Teams den ersten Platz abgeräumt. Eine große Flasche Baileys. Allerdings wussten wir weder, wie der Ehemann von Angela Merkel heißt (geschweige denn, dass sie einen hat), noch wie die letzten drei Paarungen der Sprecher des Bundesvorstands von Bündnis 90/die Grünen hießen oder welcher deutsche Maler alles auf dem Kopf malt und vor allem warum er sich seinen speziellen Künstlernamen gewählt hat. Jetzt wissen wir mehr und haben was leckeres zu trinken.

Ein vergnügtes schmunzeln hebt auch die Mundwinkel, wenn man nachliest, unter welchen Google-Suchbegriffen manche Leute auf dieser Seite landen. Heute unter anderem dabei: Hundehaufen, Däubler-Gmelin, Garverfahren, ruf-, Fieberthermometers, Fußball-Ventilatoren und Lockjagd. 23,4% benutzten Mozilla Firefox, höchst überraschende 43,5% haben auf ihrem Rechner noch Windows 98 und 18,5% der Besucher hatten eine Bildschirmauflösung von 1280*1024 Bildpunkten. Ich bin verblüfft, was mein bisher kaum genutztes Statistikprogramm nicht alles errechnet.

Donnerstag, Februar 17, 2005

Das südamerikanische Flair der niedersächsischen Stahlindustrie

Damals im Erdkunde-Unterricht... Unser Lehrer, Herr P., trug gern schlabbernde Seidenblousons. Er hatte einen seltsamen Akzent, der so gar nicht nach Kroatien klang - woher er stammte - und hatte eine Vorliebe für Bodden und Lößböden. Sanftmütig wie das Lamm Gottes und hatte er das Talent, immer die richtige Antwort zu hören. Namen merken konnte er sich nicht, wir hießen alle "Du".

Herr P.: "Wie heißt der größte Stahl produzierende Standort in Niedersachsen? Das sagt uns..... Du!"

Du alias Roman (erwachte grad aus seinem Stundenschlaf): "Ähh... Kolumbien???"

Herr P.: "Rüschtüsch, Salzgitter."

Mittwoch, Februar 16, 2005

Fröhliche Wissenschaft

Knochentrocken und dröge war der Großteil des gestrigen finalen Korrektorats unserer wissenschaftlichen Arbeiten zum Buchprojekt. Und doch. Ab und zu kletterten die Mundwinkel schmunzelnd aufwärts. Folgendes habe ich unter anderem neu erfahren oder erst jetzt in dieser Form begriffen:

Einem anderen Menschen mit einer röhrenden Kettensäge den Kopf wegmetzeln gehört, genau wie das Aufschlitzen mit einer Machete zu den spaßigen Tötungsarten. Und weil das Opfer schnell und ohne große Umschweife seines Lebens beraubt wird ist diese Tötungsart auch relativ human. (Kapitel Horror und Emotionen)

Graswurzelrevolution ist so ähnlich wie Djungle World. (Kapitel Soziale Organisationen und Emotionen)

Erwachsene Männer, die sich für Babies halten, reden in Talkshows darüber, welch Wonne das sandpapierartige Schmirgeln in der Windel ihnen bereitet, nachdem sie Mohnbrötchen gegessen und diese verdaut haben. (Kapitel Talkshows und Emotionen)

Erstaunlich.

Waidmanns Puppenhaus

Ich denke, ich fahre niemandem an den Karren kränkbarer Überzeugungen, wenn ich sage: Es gibt vieles, wofür ich mich begeistern kann – aber ich kacke einen großen Haufen auf das Ausstopfen von Tieren. Nun trage ich nie grüne Lodenkleider, habe keine Affinität zu Jagdwurst oder Jagdhörnern und das inbrünstige imitieren von Hirschrufen überlasse ich Tasso und anderen.

Insofern erfüllt mich auch seit Jahren das Geschäft von Famile Strunk mit Befremden. Ob der Besitzer Heinz mit Vornamen heißt oder Klaus-Manfred, Horst, Siegfried oder Reiner, weiß ich nicht. Der Laden liegt eingebettet in einem unscheinbaren Klinkergebäude an der Universitätsstraße - zwischen einem Bäckercafé und einem griechischen Restaurant. Die einfach verglaste Schaufensterscheibe bietet Einblick in das vielleicht obskurste Kuriositätenkabinett des Münsteraner Einzelhandels.

Ein ganzer Raum von vielleicht zwanzig Quadratmetern ist bis an den Rand der Decke gefüllt mit toten Tieren. Ausgestopft oder skalpiert. An der Wand hängen in friedlicher Eintracht erstaunlich leblose Keilerköpfe, Hirschgeweihe und Kaninchenschädel. Ein Dachs lugt unter einem Schäferhund hervor. Sogar ein kleiner Tiger kauert stocksteif und von innen mit Stroh(?) gefüllt an der Wand. Niedliche Kaninchen, winzige Mäuse und Ratten, eine Unmenge an Fellen, Schädeln, sogar Fische! Im Schaufenster selbst tummelt sich lebloses Geflügel - Rebhühner, Wyndotten oder Schwarzhennen. Und hier kann man auch die zwei Musterbeispiele für den makabren Humor des Ladenbesitzers bestaunen.

Eine Gruppe von drei niedlichen Eichhörnchen wurde ausgestopft auf eine Eichenholzscheibe genagelt. Dann wurde einem Eichhörnchen ein kleiner Filzhut gebastelt und aufgesetzt, eins trägt eine riesige Sonnenbrille. Und allen dreien wurden klitzekleine Skatkarten in die Pfoten geklebt. "Skatgruppe 135 €". Rechts daneben das vielleicht obskurste Exponat. Ein großer weißer Hase steht aufrecht und stützt sich auf eine Krücke. Der Ausstopfer hat ihm ein Gipsbein gebastelt. Das Gipsbein ist links, auf die Krücke stützt er sich mit der rechten Vorderpfote. Das macht Sinn. Betreten habe ich den Laden nie. Auch habe ich noch nie überhaupt irgendjemanden in diesem Laden gesehen, der dann seinen jüngst verstorbenen und jetzt ausgestopften Pudel mit Geschenkschleifchen herausgetragen hätte - vielleicht als Valentinstagsgeschenk. Doch nichts dergleichen. Die Eichhörnchen spielen seit mindestens vier Jahren schon Skat, und der arme steife Hase mit der Krücke guckt genauso lange mit traurigem Blick aus der schlechtgeputzen Schaufensterscheibe. Aus irgendwelchen Gründen scheint der Laden sich halten zu können. Schaurig, nicht schön.

Spätromantische Starkstrom-Elektriker?

Gerade bin ich in der Nähe unserer Wohnung an einem Trafohäuschen vorbeigelaufen. Die Blechtür stand offen, und mit erstaunlicher Lautstärke hörte jemand darin die Tannhäuser-Ouvertüre von Wagner.

Dienstag, Februar 15, 2005

Ein neuer Blick auf den Fernseher, ein neuer Blick in die Zukunft

Ich habe einen geschmeidigen neuen, rollbaren Untertisch für meinen Fernseher. Frisch zusammengeschraubt, schick in der Optik. Einen feschen Namen hat er auch. Den hab ich nur vergessen. Trotzdem wäre es ein Plan, wenn ich mal groß bin, Möbelstücknamenserfinder bei IKEA zu werden.

Montag, Februar 14, 2005

Ein Ring ihn zu knechten, auf dass er sich windet, ein Mittel zu finden, damit der verschwindet...

Seit gestern stehe ich im Kampf mit "dem gelben Ring" und versuche, ihn komplett zu liquidieren. Restlos auszulöschen. Seine Strukturen aus den Angeln zu heben, den inneren Zusammenhalt aufzubrechen. Ich will sein strahlendes, leuchtendes Schimmern ermatten lassen. Hinfort mit ihm!

Wer erwartet, dass ich eine Privatfehde mit einem obskuren Geheimbund ausfechte, hatte in anderen Situationen seines Lebens vielleicht schon einmal mehr Recht als hier. Es geht um einen gelben Ring auf dem Kühlschrank. Als ich gestern meine famose marokkoreanische Nudelpfanne gekocht habe - mit viel Safran, Kurkuma und Kreuzkümmel drin - hatte ich ein paar Gemüsesorten und wenige Streifen Hähnchenfleisch in Sesam-Öl und mit eben diesen Gewürzen mariniert. Nun war ein bisschen von dem leuchtend gelb gefärbten Öl an der Schüssel heruntergeflossen, hatte sich darunter kreisrund verteilt, und nun prangt ein kreisrunder gelber "Gewürzring" auf unserem Kühlschrank und weigert sich hartnäckigst dagegen, sich wegschrubben zu lassen. Wer immer von Euch selbst Hausfrau ist oder mindestens eine im näheren Bekanntenkreis hat: Steht mir bei im Kampf gegen den Safran-Kurkuma-Ring auf unserem Kühlschrank. Jeder Tipp der zur erfolgreichen Ergreifung der Täter... nein, zur erfolgreichen Wegschrubbung des quietschgelben Rings führt, wird mit nicht enden wollendem, tosendem Applaus bedacht werden! Eigenen Recherchen im Internet zufolge muss man den Fleck mit Selters begießen, einreiben und dann das Objekt mit dem Fleck in die Sonne tragen, wo er dann ausbleicht. Vielleicht mag auch nachher jemand vorbeikommen und mir helfen, den Kühlschrank vier Stockwerke nach unten in den Innenhof zu schleppen, damit der Fleck da dann verschwinden kann?!

Sonntag, Februar 13, 2005

Nacht

Der Kopf ist matt, der Geist ist müde. Darum gibt es heute nur ein etwas älteres Stück Lyrik von mir:

Wie sanft wiegt, ach, die Nacht
Die Welt in tiefes Schweigen,
bedeckt mit dunkler Hand
des Tages Lichterreigen.

Leis’ unterm Sternenzelt
Verstummen alle Worte,
Und Träume schweben still
Hinauf zur Himmelspforte.

Fast lautlos schiebt das Lid
Sich über die Pupille,
gelöst entschläft der Leib
in sorgenfreie Stille.

Ins Dunkel strahlen weich
In tausendfacher Weise
Zig Farben durch den Traum
Und wünschen gute Reise.

Er trägt die Seele fort
In unerforschte Weiten
Um dann gen Ende sacht
Dem Morgen zuzugleiten.

Samstag, Februar 12, 2005

Das Unglück lauert im Küchengerät

Vorsicht ist nicht nur die Mutter der Porzellankiste sondern auch geboten im Umgang mit Küchengeräten und Haustieren. Vor allem in Kombination mit Kindern. Viktors kryogenische Experimente mit Goldfischen und Hamstern sind ein ergreifendes Beispiel dafür, was passieren kann, wenn Grundschulkinder zu spät mit Physikunterricht in Kontakt kommen. Ein anderes Exempel der mortalen Kombination Kind/Tier/Technik - mit jahrelangen traumatischen Folgen - ereignete sich zu einer Zeit, als Twix noch Raider hieß, in der Nähe meines kleinen Heimatdorfs.

In einem idyllischen kleinen Häuschen, von krummbuckligen, knorrigen Eichen umgeben, wohnten Silke und Mareike* mit ihren Eltern. Silke ging mit meiner damals besten Freundin Anna zusammen in die erste Klasse, ihre Schwester sogar schon in die zweite, und wir spielten oft zusammen verstecken oder fangen. Manchmal musste ich mit ihnen auch Barbie-Rollenspiele durchleiden und fing mir böse Blicke ein, wenn mein Ken den ganzen Tag nur reglos am Pool schlief.

Eines Tages nun traf ich Silke und Mareike vor der Schule. Ich war mal wieder eine Viertelstunde zu spät die immerhin 200m lange Strecke zur Grundschule angetreten, fürchtete schon den bösen Basiliskenblick meiner Klassenlehrerin und sah die beiden, vom Regen begossen, mit verquollenen Augen und heulend auf dem Parkplatz stehen.

Was war passiert?

Schon am Tag zuvor hatte der Himmel seine Schleusen weit geöffnet und unentwegt trübgraue, kalte Regenmassen über der ostfriesischen Tiefebene ausgekippt. Silke und Mareike waren den ganzen Tag gezwungen gewesen, im Haus zu spielen, weil man sich draußen erkälten konnte und Erkältungen auch für Kinder ungesund sind. Den ganzen Tag hatten Silke und Mareike gequengelt, weil sie trotz des Regens mit "Nietzsche", dem intellektuellen Dackel der Familie, durch die Pfützen springen und Gassi gehen wollten. Da aber Erkältungen auch für Hunde ungesund sind, hatten ihre Eltern jeden Schritt vor die Tür - ob mit oder ohne Hund - strengstens verboten. Am späten Nachmittag wollten ihre Eltern dann in die Stadt, um sich im "Taraxacum" eine Autorenlesung anzuhören.

Die Eltern hielten ihre Töchter schon für groß. Somit hatten sie den Fernseher damit beauftragt, das Babysitting zu übernehmen und nicht extra eine Aufsichtsperson bestellt. Kurz nachdem sie nun in Richtung "Literarisches Event" in der Leeraner Altstadt aufgebrochen waren, stach der renitente Hafer die beiden Gören und sie dachten sich:

"Ha! Mama und Papa sind weg! Ziehen wir unsere Regenklamotten an und gehen wir doch mit "Nietzsche" spazieren!"

Gesagt, gegangen. Draußen schüttete es immer noch aus vollen Kübeln, und als das heimliche Gassigehtriumvirat wieder nach Hause kam, war es schon spät. Nicht mehr allzulang und ihre Eltern würden wiederkommen.

Das Problem: der nasse Hund. Neben dem Regen draußen wollten sie sich ein Donnerwetter drinnen ersparen,wenn ihre Eltern den klatschnassen Dackel sähen. Also mussten sie sich etwas ausdenken. Und Mareike kam auf die Idee, dass ein Hund garantiert schnell trocknet, wenn man ihn in die Mikrowelle steckt.

Unter größtem Zappelprotest des kleinen Rauhhaarvierbeiners stopften sie ihn in den viereckigen Kasten, schlossen die Tür und schalteten das Gerät ein. Kurze Zeit später ploppte es, die Klappe flog wieder auf, es spritzte und knallte. Alles war voller Blut. Nietzsche war geplatzt.

Das Donnerwetter war so weit größer als es zehn Regenspaziergänge zusammen hätten bewirken können. Die Mikrowelle wurde entsorgt, Nietzsche unter nicht enden wollenden Tränenströmen begraben, und die Mädchen hatten über Jahre hinweg ein enorm gespaltenes Verhältnis zu Küchengeräten. Dabei hatten sie es nur gut gemeint.

*Namen vorsichtshalber geändert - bevor Beschwerden kommen.

Doch nicht nur Grundschulkinder können Tieren im Zusammenhang mit Küchengeräten gefährlich werden, wenn man sich meinen Beitrag vom 24. September 2004 ins Gedächtnis ruft: Das Kaninchen in der Truhe

Donnerstag, Februar 10, 2005

Wissenswertes aus dem Flachland

Schiefertafeln sauberschubbern, Griffel bereitlegen - heute gibt es wieder eine Lektion in ostfriesischer Heimatkunde. Es ist ein Landstrich, der weit mehr zu bieten hat als den gelb-rot geringelten Leuchtturm von Pilsum, unendliche Weiten, schwarzbunte Kühe, schief singende Shantychöre, angeblich leicht beschränkte Bewohner und den gelben Gumminerz, aus dessen Fell die berühmten Regenmäntel geschneidert werden.

So gibt es allein zwei Kirchtürme in Ostfriesland, die sich um den Titel des schiefsten Turms der Welt streiten und den schiefen Turm von Pisa locker in die Regenmanteltasche stecken - In Suurhusen und Midlum. Der Midlumer Turm neigt sich fast doppelt so schief wie der berühmte Bruder aus Italien. Er ist aber auch nicht so hoch. Spannend ist in meiner Heimat aber vor allem die Namensgebung. Nicht nur, dass viele Dorfnamen wirken, als seien sie einem unveröffentlichten Asterix-Comic entsprungen: Bingum, Jemgum, Critzum, Ditzum, Hatzum, Midlum, Pogum, Logabirum, Loppersum...

Ich mag auch die menschliche Namensgebung. Die funktioniert verblüffend einfach: Mach aus dem Nachnamen einen Vornamen und fertig. So gibt es Harm Harms, Sievert Sievers, Weert Weers, Renke Renken, Fokko Fokken, Okko Okken, Eemke Eemken...

Das Beispiel aber, das heller strahlt als alle Leuchttürme der ostfriesischen Halbinsel zusammen, kommt aus der Nähe von Filsum. Dort gibt es ein winziges Fleckchen Erde namens Busboomsfehn (Busboom = plattdt.: Buchsbaum).

In Busboomsfehn gibt es vor allem eine Straße - die Busboomsfehntjer Straße. An dieser Straße wohnen überwiegend Menschen, die naheliegenderweise Busboom mit Nachnamen heißen. Und wen nimmt es Wunder, dass es gar einen Menschen gibt, der sogar Busboom Busboom heißt? Es gibt also Busboom Busboom an der Busboomsfehntjer Straße in Busboomsfehn. Heutige Werbe-Agenturen würden das vielleicht "Corporate Design" nennen. Kann man sich gut merken. Ich mag meine Heimat...

Mittwoch, Februar 09, 2005

Hard day's night

Die Kohlehalden im Ruhrgebiet schrumpfen seit Jahren, der Arbeitsberg über mir verkleinert sich leider nur unmerklich. Es wird eine lange Nacht. Schließlich soll eine Arbeit von mir im Rahmen des Buches "Medien und Emotionen" erscheinen, und dafür muss - trotz allem Guten - so einiges noch umgekrempelt werden. Es ist erschreckend, wie radikal man vieles bei argusäugiger Betrachtung des Ganzen dann doch wieder umbastelt und ändert. Inzwischen werkele ich Tagen daran herum - allein heute schon seit frühmorgens fast ununterbrochen. Doch die übergebügelte Version muss eigentlich morgen abend fertig sein. Und so habe ich mir einen großen Haufen Schokolade auf dem Schreibtisch platziert, die Kaffeemaschine frisch entkalkt und stelle mich auf schlafarme Stunden vor dem flimmernden Bildschirm ein.

Dienstag, Februar 08, 2005

Adieu mon cher

Traurige Ernüchterung nach dem jecken Treiben gestern. Ich hänge meine Fahne auf Halbmast und mir ist ein wenig schwer ums Herz. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Fidi, der letztverbliebene Kater bei uns zu Hause, nun auch gestorben. Ein seltsames Gefühl, ein Lebewesen, das man sehr sehr gern hatte und einen über weit mehr als zehn Jahre umschnurrt und begleitet hat, plötzlich nicht mehr wiedersehen zu können, ohne auch nur Abschied nehmen zu können. Ungeliebte und ungewollte Abschiede sind enorm weit oben auf der Liste von Dingen, auf die ich liebend gern verzichten würde.

Montag, Februar 07, 2005

Alau un' Helaaf

Auch dieses Jahr kam's Knall auf Fall -
un' schwupps! is widdä Karneval:
Mit Pappnas dursche Straße laufe
an jeder Bud' ein Biersche saufe
und nach dem Zuch dann zu de ganze
Lieder von de Höhner tanze
und wennmer irgndwann net mer könne,
mit wem, den mer net kenne, penne...


Schong Pütz zupft sisch noch kuchz sännen Zwirbelschnäuzer zurescht un glääsch kütt widdr d'r Rosenmontachszuch...

Mit palatalem "l" und jecken Sprüchen wird dann zu Dschingerassabumm und Schenkel schwingenden Funkenmariechen wieder der Dom in Köln gelassen, lieben sie alle das Leben, die Liebe und die Lust, glauben an den lieben Gott und hüpfen dauerdurstig durchs Ehrenfeld und woandershin.

Diverse Chirurgen werden in den nächsten Tagen wieder Kamelle herausoperieren dürfen, die versehentlich mit der Augenhöhle gefangen wurden, Nasen gerade biegen, die sich bei der unfreiwilligen Kollision mit einem Laternenpfahl seltsam gekrümmt haben, oder festgewachsene Clownsmasken abschneiden. Ab kommendem Mittwoch wird auch unser innig geliebtes Anzeigenblättchen "na dann" wieder überquellen vor Annoncen à la "Hey Süße! Haben an Karneval irgendwo geknutscht. Weiß nicht mehr wo, wer Du bist, wie du aussiehst und wie Du heißt. Meld Dich mal. Wiedersehen? Weissnixmehr@amnesie.de" oder "Haben in meinem Auto am Rosenmontag Kinder gemacht. Warst danach plötzlich verschwunden. Hab Deine Nummer verloren. Sag doch mal Bescheid, wenn sie fertig sind. Kinder-im-auto@rummsdibumms.de"

Dem gewieften Expertenblick ist hoffentlich nicht entgangen, dass beide Anzeigen gerade mit spitzer Feder überzeichnet wurden. Aber in ungefährem Wortlaut wird's die nächsten Wochen wieder zu schmunzeln geben, wenn die vernebelte, in Ethanol gedünstete Leidenschaft alkoholschwanger obskure Blüten der Zuneigung treibt, die bei späterer Nüchternheit Schamesröte und manchmal sogar ungewollte biologische Prozesse herbeizaubert. Hoffen wir wenigstens, dass die Kondom-Automaten noch rechtzeitig aufgefüllt wurden und trübtassige Schluckspechte sich noch dunkel erinnern können, wie man sowas bedient und was man mit den erworbenen Dingen in aller Regel macht und wie das geht.

Ich sollte jetzt noch ein paar Kohlehydrate zu mir nehmen, um eine solide Grundlage für alles, was noch kommen mag, zu legen und nicht vergessen, an die Elektrolyte zu denken. Noch kurz das Alaaf-Rückholbändchen zurechtzurren und ab die Post in die stocksteife Provinznarrenhochburg Münster.

Sonntag, Februar 06, 2005

Krustentiere klauen Kokosnüsse!

Der größte Krebs der Welt krebst an einigen tropischen Stränden der Welt herum, ist über einen halben Meter groß und klettert auf Kokospalmen, um Nüsse zu klauen, mit seinen riesigen Scheren zu knacken und auszusaugen. Deshalb heißt er auch "Palmendieb". Ab und zu futtert er auch Kadaver. In äußerst seltenen Fällen vielleicht auch Aloe Vera-Fruchtgummi, bisher ist allerdings kein Fall davon bekannt geworden. Interessant Anders als seine krustigen Krebsfreunde aus dem Meer hat er eine hervorragende Schnuppernase, die man so sonst eher bei Insekten findet - dafür würde er aber im Wasser ertrinken. Ob er vorwärts, seitwärts oder rückwärts geht, ist noch zu klären. Der Palmendieb...

Samstag, Februar 05, 2005

Gummis, die unter die Haut gehen

Wer sich in die Fußgängerzone stellt und wildfremde Passanten befragt: "Glauben Sie, dass vom man Fruchtgummifuttern einen knackigen Hintern und schöne Haut bekommt?", wird überwiegend ungläubiges Staunen und überraschtes Kopfschütteln ernten. Fruchtgummi hat bislang nicht unbedingt den Ruf, das gesündeste Lebensmittel unter der norddeutschen Wintersonne zu sein.

Seit einiger Zeit schaben und kratzen die Lebensmittelchemiker von Katjes am ungesunden Image der zuckersüßen Weichteile. Zunächst ziert die Tütchen seit geraumer Zeit ein "ohne Fett"-Aufkleber. Im neuesten Kind der experimentierfreudigen Gaumenschmaustester steckt jetzt jede Menge vom Wundermittel für kristallklaren, sonnig strahlenden Teint, reine Haut und knackige Pobacken: Aloe Vera. Reueloser Genuss? Da ich neuen Erfahrungen und nie zuvor erschmeckten Genüssen durchaus aufgeschlossen bin, habe ich spontan ins Regal gegriffen und mir eine kleine Packung "Aloe Vera"-Fruchtgummi unter den Nagel gerissen. Die hautfreundlichen ovalen Scheibchen in milchig-weiß und OP-Saal-grün sind vegetarierfreundlich ohne Gelatine zubereitet, haben eine Konsistenz wie leicht vertrockneter Tofu und sie schmecken überraschend undefinierbar. Süß, sämig, kurios. Meine Gourmet-Zunge schmeckte einen Hauch von Ananas, ein wenig Hautcreme, eine Spur von Gurke und eine winzige Prise Spülmittel. Vielleicht nicht ungesund aber ungewohnt. Vorteil gegenüber herkömmlichen Karnevalskamelle: Sie kleben nicht an den Zähnen.

Donnerstag, Februar 03, 2005

Freude schöner Götterfunken, verspätete Feiern

Ein putziges, kleines Nagetierchen mit winzigen Kugelaugen und verschmitztem Blick, mit buschigem Schweif und zotteligem Fell hätte gestern ein Stück mehr Beachtung von mir verdient gehabt. Und ich gestehe freimütig: Ich habe doch glatt den Murmeltiertag vergessen. Feiern wir Phil und all die anderen Murmeltiere in und um den Gobbler's Knob in Punxsutawney also heute, einen Tag verspätet. Zünden wir die Konfettikanone gleich noch zweimal. Denn der zweite Konfettischuss gilt Peter! Denn Peter hat heute seinen Magister abgeschlossen mit 1,0! Ich verneige mich ehrerbietend, rolle den roten Teppich aus und fahre ihn jetzt besuchen, um Sekt und Bier zu trinken!

Konfettikanone marsch!

Pappnasen alaaf! Karneval rückt immer näher, schon seit dem frühesten Vormittag torkeln vor allem mit Sektflaschen und Krawattenschnippelscheren bewaffnete Angehörige des schönen Geschlechts bewusstseinsbenebelt und grölend durch die Straßen. Altweiberfastnacht. Und an Karneval ist auch das Militär lustig. Über dem Haupteingang der deutsch-niederländischen Kaserne stehen jetzt zwei luftschlangenbehangene Riesen-Playmobilfiguren - selbstverständlich mit Hellebarde und Gewehr in Händen. Zum Schießen komisch.

Mittwoch, Februar 02, 2005

Natursekt und die seltsamen Folgen

Urgewalten der Natur machen erfinderisch. Und Erfindergeist wiederum kann besoffen machen.

Nun sind weder die "Sun" in England noch die "Kronen-Zeitung" in Österreich in der belle étage der journalistischen Sorgfalt zu Hause, aber beide erfanden oder erzählten wenigstens folgende Geschichte:

In herrlichem Gebirgspanorama war der Slowake Richard Král mit seinem Auto unterwegs. Langsam tuckernd schlängelte er sich die Serpentinen hoch, als donnernd und krachend eine Lawine den Berg hinunterstürzte und ihn samt Auto unter Tonnen von weißem Schnee vergrub. Sonderlich passend kam die Lawine für Richard nicht, er hatte eigentlich anderes vor und die Vorstellung, jetzt längere Zeit unter der weißen Pracht verbuddelt zu bleiben, ließ sein Herz nicht grad begeistert springen. Die erstbeste und naheliegende Idee war, sich freizubuddeln. Wirklich überzeugte sie ihn aber nicht, und er verwarf sie.

Dann durchzuckte ihn ein Geistesblitz! Um sich zu befreien, müsste er den Schnee zum Schmelzen bringen! Simple Physik! Doch wie?

Einen Schweißbrenner hatte er nicht dabei, das Feuerzeug hatte auch schon bessere Tage gesehen. Aber er hatte schließlich noch drei Kisten Bier dabei. Wahrscheinlich hatte er auf diversen Studentenparty-Diskussionen gut aufgepasst, bei denen es um den Biertrinker als Durchlauferhitzer und die treibende Kraft eiskalten Gerstensafts ging.

Und so schlürfte, stürzte und schluckte er jede einzelne der Flaschen leer. Liter um Liter brachte er auf Temperatur und pinkelte dann einen Tunnel in den Schnee, der ihn umgab. Vier Tage lang strullte er für seine Freiheit. Dann war der Schneewall durchbrochen, der feuchte Traum Wirklichkeit geworden, und er konnte durch seinen Pinkeltunnel nach draußen klettern, wo er angeblich sternhagelblau den Rettungssanitätern in die Arme torkelte. Und allen künftigen Gebirgsautofahrern gibt er mit auf den Weg: "Es war hart, und meine Nieren und meine Leber tun jetzt weh. Aber ich bin froh, dass sich das Bier als nützlich entpuppt hat" Auch auf der Burg hatte wer gepinkelt, danach wurde geprügelt, und die Zuschauer konnten über den Kloputzdienst abstimmen.

Tasso brüllt wie ein Ventilator

Unter Eingeweihten ruft Tasso Wolzenburg aus Bad Laasphe Ehrfurcht hervor, und so mancher Hirschkuh wird ganz blümerant, wenn er loslegt. Seine Spezialität ist der röhrende Hirsch zu Brunftbeginn. Und mit dem hat er auch gewonnen - er ist der aktuelle Deutsche Meister im Hirschrufen. Immerhin acht Konkurrenten hat er bei der Messe "Jagd und Hund" auf die hinteren Plätze gebrüllt. Nicht gebrüllt vor Lachen, aber geschmunzelt habe ich beim Anblick des Begrüßungsschildes vom Hotel "The Albert" - wieder gelungene Mehrsprachigkeit, aber diesmal anders als die Diebstahlwarnungen bei Aldi. Fußballbegeisterte werden hier besonders gern gesehen und sogar extra willkommen geheißen, auf englisch, spanisch, schwedisch, holländisch und deutsch - "Willkommen Fußball-Ventilatoren der Welt". Ein kühler, erfrischender Luftzug der Begeisterung umwehte mich, als ich das Schild entdeckte. Wer auch mal gucken will, nimmt den Link hinter der Überschrift.