Dienstag, Januar 22, 2008

Vergessen, Hochwasserhosen einzupacken. Stattdessen nach Dienstschluss mehrere 50-Meter-Bahnen auf dem Parkplatz geschwommen. Eisig, matschig, aber möglich.

Freitag, Januar 18, 2008

Tunk

Knut knackt Knochen. Tote Fische treiben im Bach. Neben rostigen Coladosen und einem alten Walkman. Knut kurvt mit der Zunge hinter den Backenzähnen entlang, hin zu der kleinen Zahnfleischtasche, wo noch vor Kurzem ein Weisheitszahn stak und wo sich nun regelmäßig Sonnenblumenkerne und Haselnussbröckchen aus dem Frühstücksbrot verkanten, verstecken und festsetzen. Auch Wurstzipfel verirren sich hierhin. Doch gab es nur Käse zum Frühstück. Und Honig. Zungenspitze meldet Verdacht auf Haselnussbröckchen. Bergung eingeleitet. Doch der Zunge fehlt die Hebelwirkung. Nussbrocken steckt fest. Mit klammen Fingern zerrt Knut einen zerknüllten Zettel aus der linken Hosentasche. "Munddusche kaufen!", kritzelt er darauf. Wenigstens eine Zahnbürste hätte er mitnehmen können. Ein Lächeln huscht über Knuts Lippen. Hatte er doch in der Zeitung gelesen. dass die Polizei in Nordholland jüngst eine Räuberbande geschnappt hat, die sich in großem Stil auf Zahnpasta-Diebstahl spezialisiert hatte. Über den Dachwipfeln kreisen Schwalben. Eine Styropor-Kugel schwimmt im Bach. Knuts Zunge kreist um den Nussbrocken.

Sonntag, Januar 13, 2008

Am Laternenpfahl


Eine Frau hatte ihm den Möbelprospekt hingeworfen. Wortlos, das Gesicht in Tuch eingeschlagen. Vor wenigen Tagen. Die Titelseite kannte er längst auswendig. Regentropfen hatten sie zerfleddert und gewellt, noch bevor er hatte umblättern können. Fest gekettet lag er schon lang. Zunächst hatte man ihn nur festgeschlossen. Die Hoffnung zerrieselte allmählich, dass man ihn wieder freiließe und er wieder Straßen und Gassen der Stadt umkurven, andere Ecken sehen konnte. Denn niemand holte ihn ab. Rost zerfraß ihn. Niemanden kümmerte es. Auch er war abgestumpft, merkte es kaum mehr. Eines nachts, er war in eisigem Regen allmählich weggedämmert, kamen zwei unbehaarte Männer mit dicken Daunenjacken, traten ihn mit ihren Stiefeln, brachen ihm mehrere Speichen, rissen die Klingel ab und schleuderten sie ins Brombeergestrüpp auf der anderen Straßenseite, zerschlitzten seinen Sattel, zerbeulten das Schutzblech, zerdepperten sein Vorderlicht, pissten gegen seinen Rahmen, zerbrachen die Felgen. Gekracht hatte das. Und plötzlich verdrückten sie sich. Ohne eine Miene zu verziehen. Ohne einen Grund zu nennen. Ohne sich zu entschuldigen. Sonst passierte wenig. Vielleicht würde irgendwann jemand kommen und ihn mitnehmen. Das Schloss durchfräsen, ihn in eine andere Gegend bringen. Irgendwann. Vielleicht bald.

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Donnerstag, Januar 10, 2008

Oberhalb von Raufasern

Gern hätte Ada sich den Himmel durch ein Loch in der Decke angesehen, während sie im Nachthemd auf ihrem Bett lag mit hinter dem Kopf verschränkten Händen. Vielleicht funkelten ein paar Sterne. Vielleicht könnte man dem wandernden Blinken eines Flugzeugs am Firmament folgen. Womöglich flatterten auch Fledermäuse. Doch da klaffte nichts. Zweieinhalb Meter über ihr prallte der Blick unsanft auf Raufasertapete. Die Lampe hing reglos herunter, die Glühbirne sirrte. Und selbst wenn: Das Dach war dicht, und über ihrem Schlafzimmer lagen noch zwei Stockwerke. Kühlschränke, Küchentische, Bodenfliesen, Hutablagen, Putzmittel, Blumenvasen und Zeitungskörbe gab es darin. Ein Loch bis ins Dach hindurch zu bohren, würde auf Widerstand stoßen und Lärm machen. Und es müsste ein großes Loch sein, und dann wäre das Bohei wieder groß, spätestens sobald es regnet. Niemand würde ihren Wunsch teilen oder verstehen, doch in diesem Moment loderte er immer heller.

Holzbohlen knirschten draußen im Treppenhaus, doch niemand klingelte. Blattlose Zweige raschelten vor dem Fenster. Ein Weberknecht kraxelte über den Schminkspiegel.Im Mülleimer darunter lag ihr Mascara-Flacon. Das ganze Wochenende hatte er offen dagelegen und war darüber ausgetrocknet, während Ada sich gläserweise Gin genehmigt hatte, wenige Straßen weiter in einer Kneipe, deren Name ihr entfallen war. Irgendwer neben ihr hatte nach Patschuli gerochen, daran erinnerte sie sich, aber sein Gesicht war ihrer Erinnerung entronnen. Das Négligé raschelte, als Ada sich aus den Kissen drückte, eine Zigarette anzündete und Rauchkringel in Richtung der beschlagenen Fensterscheiben blies. Wäre er nicht gegangen, hätten sie vielleicht Fratzen mit den Zeigefingerspitzen darauf gemalt, und die Sonnenstrahlen hätte sich am nächsten Morgen in den Schlieren gebrochen, noch bevor beide die Augen geöffnet und sich den ersten sanften Kuss des Tages gegeben hätten. Wie viel schöner wäre es gewesen, ein Loch in der Zimmerdecke zu haben, gemeinsam ins Nachtdunkel zu blicken, um neue Sternbilder zu erfinden.

Existiert hatte es nie, und doch hatte er Ada eines Abends glauben gemacht, es gäbe dieses Loch, hatte das Licht gelöscht, seinen Blick nach oben durch die Zimmerdecke geschickt und ihr Geschichten aus dem eisigen Weltraum erzählt, und sie hatte hingesehen und plötzlich auch durch alle oberen Etagen hindurch nach draußen schauen können in die klare Kälte des tiefschwarzen Nachthimmels. Gemeinsam hatten sie aus Rauchwolken eine eigene Milchstraße über die Köpfe gehaucht, unweit voneinander, zwei Milchstraßen sogar, die sich trafen und umspielten. Ada seufzte.

Er war nicht da. Und auch sonst niemand, der versehentlich Rotwein vor dem Fernseher verschüttete, wonach sie beide gemeinsam Salz auf die Teppichwunde kippen könnten, um mit Schultern, die sich wie zufällig berührten, den Fleck hinwegzuschrubben, nahen Nasenspitzen, die den warmen Atem des Anderen am Hals spüren ließen und ein Kribbeln den Nacken hinabschickten. Keine Schultern in der Nähe, der Teppich fleckenfrei und kein Loch in der Decke. Die Sterne mochten draußen funkeln, heute nacht blieb der Blick in Raufasern hängen.

Mittwoch, Januar 02, 2008

Oink!


Warmer Mist dampft in der frostigen Luft. Schubkarren glänzen im tief stehenden Licht. Maulwürfe werfen Hügel auf, die Freiluftschweine verbuddeln ihre Schnauzen im Matsch und grunzen froh dem neuen Jahr entgegen. Nun ist es also soweit: Unter der Woche bin ich zurück in der alten Heimat mit neuer Aufgabe. Auf dass es erlebnisreiche, positiv überraschende Zeiten werden. Ich freue mich drauf und wünsche auch Euch allen ein rundum famoses neues Jahr!