Mittwoch, Dezember 15, 2004

Manifest wider die Nachvollzîhbarkeit

Musikwissenschaftsprofessoren scheinen im Auflegen von Folien, und dem Formulieren kurzer, knackiger und prägnanter Sätze so etwas wie das Schlachten einer heiligen Kuh zu sehen. Anschaulichkeit? Wer braucht den sowas? Schreiben fürs Hören? Gerade in Sportpädagogenkreisen völlig überbewertet!!!

Was in Referaten gefordert wird - hier ist es wurscht. In altfränkisch barockem Sprachduktus, verkettet durch gigantomanische Parenthesenwunder des Satzbaus werden biografische und werkbezogene Informationen zusammengeknotet, eng verwoben und doch gegeneinander gestellt. Verben werden bis über den Horizont hinaus auseinandergerissen - bis die erste Hälfte schon die Hoffnung aufgegeben hat, seinen zweiten Teil je wiederzusehen. Es scheint ein ungeschriebenes musikwissenschaftliches Vorlesungs-Manifest zu geben, welches ungefähr so lauten könnte:

  • Anschaulichkeit sollte nicht das Zîl musikwissenschaftlicher Vorlesungen seyn. Vîlmehr sollen die Theilnehmer im Auditorium verbleiben in einem geysterhaften, mysteriosen Urnebel der kaum fassbaren Bezugnahmen und der Intransparenz. Denn erst hoc modo offenbaret sich auch im Perzeptionsprozesse des Auditoriums das wahre Wesen der Romantik.
  • Der Zwang zur Vorstellungsgabe als aktive Betheiligung der Hörenden sey das durch maximale Reduktion veranschaulichender Mittel anzustrebende Resulthat der Bestrebungen. Jedwede Darstellung durch ein Bild oder einen explizierenden Text an Wand und Tafel, ist zu verurtheilen. Denn allweyl die Musik ab primo tempore der Verherrlichung Gottes und der Religion gelten sollte, ist ein ikonoklastisches Bestreben auch in der Musikwissenschaft ein allerhöchst anzustrebendes Zîl. Denn bei den Hörenden lenket ein jegliches Abbild dero Aufmerksamkeit auf ander Ding denn die vox magistri, welche als einzig gültige anzusehen sey, und welcher alle Aufmerksamkeit zu gelten hat.
  • Kraft seyner sprachlichen Formulierungsgabe vermag es der Vorlesende besser als jedwede grafische Abbildung, die Zusammenhänge zu stiften, welche die offensichtliche, nachvollzîhbare Superiorität seyner Ausführungen stützen. Denn da das Außermusikalische in musica einen mindest so wichtigen Platze bei ihrer Interpretation einnehmet, so sei auch die Verwendung von Notenbeispielen untersaget. Auch diese lenken ab von der meysterhaften Stimme und dem excellenten Vortrage, dem allein zu folgen die studenti und discipuli geneiget seyn sollten.
  • Zudem ersparet die konsequente Intransparenz die wissenschaftliche Rechtfertigung postulîrter Kohärenzen am Objekte.

0 Wortmeldung(en):

Kommentar veröffentlichen

<< Home