Montag, Dezember 18, 2006
Man sah ihn erst im Dunkel zwischen Säulen wandeln. Die langen Fusselhaare standen ab. Dann setzte er sich auf die kleine Bühne zum Interview. Peter Sloterdijk. Mit Denis Scheck durfte er über sein neues Buch sprechen, "Zorn und Zeit". Der Zorn sei der Ursprung der abendländischen Kultur, ließ er uns wissen, während er breitbeinig da saß und seine Hand wirkte, als könne sie sich nur schwerlich verkneifen, seinen Sack zu kratzen. Zugleich blickte er bedeutungsschwanger aus seinen winzigen Augen, striegelte seinen verunglückten Schnurrbart, während an mir vielmehr der Zorn der Zeit nagte, die ich diesem Geschwurbel widmete. Beinahe verlegen gab er zu, dass ihm beim Autofahren manchmal auch eine leise Unflat entweiche, sollten die Vorausfahrenden nicht seinen insgeheimen Geschwindigkeitswünschen gemäß operieren. Und manchmal, aber nur manchmal fluche er auch zu Hause. Sonst aber nicht in der Öffentlichkeit. Es wirkt, als habe er einen Muskelkrampf in den Schulterblättern. Ich wertschätze, wenn kluge Menschen kluge Sätze sagen. Aber es lässt mich innerlich ein wenig aufkochen, wenn kluge Menschen sich in unnütz kryptische und fremdwortschwangere Luftblasen flüchten. Das klingt hochgebildet, und weil es keiner versteht, braucht man ja nicht zu fürchten, dass jemand nachfragt. Denn niemand möchte sich die Blöße geben, aufscheinen zu lassen, dass er solche Wörter nicht kennt oder den Aussageninhalt dieses bekannten Philosophen sich nicht hat erschließen können. Ich frage aber dennoch. Was bitte, Herr Sloterdijk, wollten Sie uns mitteilen, als sie mit tiefsinnigem Blick und voller Ernst Sätze formulierten Sätzen wie: "Wir befinden uns in einer Tradition (Sloterdijksches Augenbrauenhochziehen) einer subterranen Dimension (bedeutungsschwangere Pause), die gewusst wird?"
15 Wortmeldung(en):
habe ich auch gesehen. oder vielmehr habe ich die bis dahin amüsante sendung, bei sloterdijk weggeschaltet. ich kann den nicht verknusen, irgendwie. obwohl ich mich sehr gefreut habe, dass er zum zahnarzt musste.
18/12/06 10:40
Ich fand den Wurstbeitrag zuvor auch sehr witzig. Richtig großartig wurde es aber erst, nachdem der zahnwehe Philosoph überstanden war. Selten hatte Schenk großartigere Ideen bei den Verrissen in den Kurzbesprechungen der Top Ten.
18/12/06 11:29
Das bedeutet einfach: "Alles geht den Bach runter, das Scheißhaus hier wird alsbald explodieren aber lasst uns das Beste draus machen! Und die neue Take That geällt mir wider Erwarten ganz gut."
Weiss aber auch nicht, warum die sich immer so geschwollen ausdrücken müssen. Zum Glück gibt's noch wahre Künstler. Wie Jürgen Drews.
18/12/06 12:31
Jürgen Drews für nen wahren Künstler halten aber mich hinterfragen wegen eines Besuches bei den Flippers? :)
18/12/06 14:15
ist doch klar, er redet von den bloggern!
18/12/06 20:53
Also üsch habe aus denen von Ihnen genannten Gründen mal einen ganz großen Frevel begangen.
Ich (oder besser: ich und sein Besitzer), also wir, haben ein Buch verbrannt. Auf einer öffentlichen Straße, in der Nacht. Das ist Frevel. Böse. Und eigentlich nicht tragbar. Aber manchmal, manchmal überkommt mich einfach etwas sehr böses....und bei Hern Sloterdijk (ich habe ihn zum Glück nicht gesehen) könnte das auch angebracht sein....
PS: Der Besitzer hat das Buch dann wenige Monate später wieder erstanden.....irgendwie dumm gelaufen....
Auf die Verständlichkeit und den unverbrauchten Verstand. So!
18/12/06 22:42
Inzwischen find ich diese...ich nenne es mal "Aussage" fast schon gut. Von einer Metaebene aus gesehen, die von mit Zynismus geschwängerten Sarkasmusengeln aus blanker Ironie gebauchwattepustet wird, selbstredent. Was für ein Schwachsinn.
19/12/06 00:15
Er will damit sagen, manchen Menschen wird häufig bewusst, dass unter ihnen die U-Bahn fährt.
19/12/06 10:36
muss das fragezeichen im letzten satz nicht hinter die anführungszeichen? oder hat er das als frage formuliert.
vom klug zum scheisser ist es eben nicht weit :)
19/12/06 16:07
Herr Sabbeljan, Ihr salbungsvoller Scharfsinn stößt direkt in subterrane Dimensionen vor. Richtig entdeckt. :)
19/12/06 17:36
@mephista: Gebauchwattepustet zu werden ist tendenziell ja eine feine Sache. Aber. :)
19/12/06 17:38
@etosha: Heureka! :)
19/12/06 17:39
FrauH: Wie weit Verstand und Verständlichkeit doch oft auseinander liegen können. Und Bücher verbrennen ist zwar politisch allerhöchst fragwürdig, in einigen Fällen aber auch sehr nachvollziehbar. :)
19/12/06 17:40
Und, Herr Nachbar, dass der Herr Sloterdijk von Bloggern redet, könnte sogar ihm selbst noch nicht aufgefallen sein. Aber das muss ja nix heißen. :)
19/12/06 17:41
Peter ist ein exorbitanter Kollege von mir und wer seinen Theorien nicht folgen kann, ist ein diffusistischer Irrläufer bilateraler Bezweifler fundamentaler Autosuggestion im Sinne von Kants Kritik der reinen Vernunft und wird passiert sein.
20/12/06 16:11
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