Samstag, September 09, 2006

Ma vue subjective sur la Provence (III)

Für den Lavendel sind wir ein wenig zu spät. Die sonst duftenden violetten Felder sind bereits abgeerntet. Und so wirbelt der Cousin des Mistral, der als Vorbote die baldige Ankunft seines kräftigeren Vetters ankündigt, wolkenweise Sandstaub über die brachen Felder, die grünen Weinrebstöcke und den Zypressen um die Nase. Zugleich hat er die schweisstreibende Schwüle zerstoben, die sich auf diesen herrlichen Landstrich gequetscht hatte.

Keine Wolke verschleiert den lasurblauen Himmel. Die Sonne streut ihr warmes Licht auf die malerischen Dörfer, die sich an Felsnasen krallen oder unter zerklüftete Kalkmassive ducken. Schmale Weinbautrecker tuckern über die Hänge und sammeln erste Reben unterhalb der Dorfmauern ein. Pastellfarben schimmern die Flecken schon von Weitem mit ihren blassroten Dachschindeln auf den hellen Häusern, deren Aussenwandfarbe dezent an eingestaubten Eierstich erinnert.

Inmitten, auf dem Dorfplatz, strecken Einheimische und Fremde ihre Beine aus, schlürfen einen petit café und lassen sich von der milden Mittagsbrise umschnurren. Ein Landschaftsmaler kaut auf seinem Pinsel und aquarelliert gemütlich die neueste Fassung seines ewiggleichen Bildes. Heute hat er ein wenig am Grün gespart. Die Verkäuferin eines Schuhgeschäfts staubsaugt den Bürgersteig vor ihrem Laden. Ein Marokkaner mit grossem Nasenpflaster lehnt am Stamm einer der ehrwürdigen Platanen und wirft einer Katze ein Stück seines Schinkenbaguettes hin. Das Thermometer im Schatten gähnt, streckt alle Viere von sich und klettert dann zu den vergnügt hüpfenden Melodielinien des Akkordeonspielers mit den riesigen Augenbrauenbüschen gemächlich auf 31°C; um sich dort wieder schlafen zu legen.

Der Garçon des Coupe d'or (der uneheliche Zwilling von Frank Zappa) stolziert aus dem Bistrot und präsentiert einem Familienoberhaupt die "plat du jour", die er quf einer kreidebekritzelten Schiefertafel mit sich trägt. Monsieur strubbelt seinen Schnurrbart, schiebt seine Gauloises in den anderen Mundwinkel und schliesst sich mit Madame kurz. Dann bestellt er zweimal Rumpsteak mit Ratatouille und eine Portion Pommes frites für die Kleine. Ein geduckter Greis schlurft heran und versucht, uns katzengoldenen Schmuck anzudrehen. Wir lehnen freundlich ab, er meckert zahnlos, schiebt seine Unterlippenwulst vor und humpelt einen Tisch weiter. Fast zu herrlich ist es, um wieder aufzubrechen, doch gibt es noch so viel zu sehen.

Labels:

13 Wortmeldung(en):

Anonymous Anonym meint...

Vor "Schnurrbart" fehlt ein Adjektiv. (Nur weil ich Herrn Waschsalon gerne zuvorkommen möchte) ;-)

9/9/06 16:33

 
Anonymous Anonym meint...

wie schön es dort ist! und so warm - ole, du hast es gut, ich bin jetzt neidisch.

9/9/06 16:58

 
Anonymous Anonym meint...

Ach.

9/9/06 18:00

 
Anonymous Anonym meint...

Schön eingefangene Stimmung, die einem so einen sehnsüchtigen Seufzer entlockt. Schönen Urlaub noch!

10/9/06 10:32

 
Anonymous Anonym meint...

Achtung: es hanbdelt sich um unechten Schmuck!
Spitz pass auf!

11/9/06 09:38

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

@Opa: Ich glaube nicht. :)

11/9/06 12:52

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

@bsc: Dein Urlaubsziel wirkte doch mindestens so famos. :)

11/9/06 12:53

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

@mlle: So. ;)

11/9/06 12:53

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

@MC: Spitz wie Nachbars Lumpi!

11/9/06 12:53

 
Anonymous Anonym meint...

Schade, kein Lavendel mehr. Aber dafür soooo viel anderes !!!
Und ein Karussell, wie wir es schon von einem kleinen Platz in Strasbourg kennen, von der Elsaß-Reise. Wenn ich mich recht entsinne, steht sowas auch in Paris rum. ;-)

11/9/06 19:58

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

Die Dinger stehen ja quasi überall... :)

12/9/06 22:20

 
Anonymous Anonym meint...

Wunderschönes Foto. Selbst gemacht?

13/9/06 00:20

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

Jepp. Alle Fotos hier original von mir.

13/9/06 15:25

 

Kommentar veröffentlichen

<< Home