Nix trocken - Feucht-fröhliche Geschichte I
Du schlenderst die kleine Platanenallee hinaus und trittst vor den Campingplatz. Im morgendlichen Gegenlicht glitzert die Rhône. Gegenüber wäscht die Stadt darin noch kurz ihr Gesicht und macht sich fein für den nächsten Besucheransturm. Die bullige Sadtmauer umarmt schützend die vertrackten Winkel, Gassen und Häuser in ihrem Innern. Die goldene Marienstatue strahlt in der Sonne und scheint mit ihrem Dornenkranz zu winken. "Idylle", haucht das Grosshirn. Die ersten Touristen kraxeln über Pont St.-Bénézet, die halbe Brücke mit dem Lied, das jeder kennt. "Sur le pont d'Avignon l'on y danse... tralala". Ein übermütiger Ire versucht sich darauf im Two-Step, doch führt das bekannte Lied, das er dazu singt, in die Irre und gaukelt ihm leichten Unsinn vor.
Auf der Brücke hat auch früher kaum jemand getanzt - vielmehr einige Meter tiefer in den schummrigen Spelunken, die sich damals im Mittelalter quf einer Rhôneinsel unter die Brückenbögen gekuschelt hatten. Hier hiess es: "Hoch die Krüge!" Hier wurde gehurt, gebechert, hier prellte man Zechen... und tanzte zu den Klängen umherziehender Wandermusiker. Diese Brückenkatakomben waren übervölkert von schlitzohrigen Falschmünzern, Kartentricksern, Beutelschneidern, Messerhelden und Galgenvögeln, die hier ihr Schindluder trieben. Sie neppten, betuppten, soffen, gaunerten und langfingerten was das Zeug hielt. Doch so tanzt der Ire oben auf der Brücke und weiss gar nicht so genau, warum und in wessen Gefolge er tanzt. Solche Geschichten verrät der alte Stein nur, wenn Du seine Geschichten kennst.
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