Freitag, Oktober 29, 2004

Wenn aus Bünden Pfunde werden

Er ist 15 und hat blondierte Strähnchen, die jeden Morgen mit dosenweise Haarspray in alle Richtungen gezwirbelt, gezottelt und zerwuselt werden. Er trägt "Limp Bizkit" und "Good Charlotte" auf seinen schwarzen T-Shirts; heimlich verbirgt sich in seiner zerfetzten Jeans eine Schachtel Kippen. Er ist schon groß und erwachsen. Und er hat sich am Wochenende zum Deppen gemacht.

Vielleicht ist die laute Rockmusik schuld. Vielleicht kannte er den Bund auch nur aus militärischem oder politischem Wortgebrauch.

Seine Mutter hatte ihn einkaufen geschickt; es sollte abends Suppe für die sieben Gäste geben, die sie erwartete. Deswegen bat sie ihn, doch bitte unter Anderem ein Bund Petersilie mitzubringen.

Er stapfte also in den Supermarkt, die Hände cool in den Hosentaschen vergraben, eine Hand an der zerdetschten Kippenschachtel. Orientierungslos drehte er sich mit zerknirschter Miene zweimal in der Gemüseabteilung im Kreis. Soviel gesundes Grünzeug. Igitt.

Eine Verkäuferin sprach ihn an:

"Kann ich Ihnen helfen?"
"Ähh...klar, Mann! Ich brauch' ein Pfund Petersilie!"
"Ein ganzes Pfund? Haben Sie ein Restaurant? Oder brauchen Sie nur ein Bund Petersilie?"
"Nee, Mann! Meine Mutter bekommt heute abend Besuch! Sie will ein ganzes Pfund haben, hat sie gesagt!"

Er bekam einen ganzes Müllsack voller Petersilie - für über 40 €. Und zu Hause, als er damit zurückkam, bekam seine Mutter fast einen Herzschlag. Für die nächsten Monate und Jahre dürften sie noch Petersilie eingefroren haben.

Der Alltag schreibt doch immer wieder vergnügliche Episoden. Die Geschichte ist passiert, die beteiligten Personen sind der Redaktion bekannt, werden aber zum Schutze aller namentlich nicht genannt.

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