Mittwoch, Januar 11, 2006

Wenn die Lampe sich legt, erwacht das Teppichgekrabbel

Schafwolle unter meinen nackten Füßen. Sie wärmt. Ein Salamander huscht in einen Flammentod. Fantasierte Kreaturen sind eingefangen bei ihrer Geburt auf Zelluloid. Die Flöhe klammern sich ans goldene Vlies in der Hoffnung, Frieden zu finden. Jeder Gedanke und jede Geste, alles auf Film gebannt. In meiner Erinnerung gibt es kein Verstecken, keinen Raum zum entrümpeln und leerräumen.

Die Krabbler bevölkern den Fußboden im ockerroten Korridor. Meinem zweiten Blick auf die Leute zufolge, stehen sie besser im Saft als früher. Prompt wuseln sie zu einer schweren Holztür, wo das Nadelöhr winkt und über die Armen hereinbricht. Die Teppichkrabbler folgen ihren Beschwörern: "Wir müssen reinkommen, um rauszukommen!"

Nur in eine Richtung starren die Gesichter, die ich sehe - aufwärts zur Decke, wo die Kammern sein sollten. Wie der Waldüberlebenskampf um jeden einzelnen Sonnenstrahlen, der in jedem Baum wurzelt, werden sie angezogen vom Magneten, glauben, dass sie frei sind.

Sanftmütige Superhelden sind in Kryptonit gesperrt, und die weisen und schusseligen Jungfern kichern mit ihren hell glänzenden Körpern. Ein Erntefest wird durch eine Tür von flackerndem Kerzenschein schwach erleuchtet. Es ist der Boden eines Wendeltreppenhauses, das sich außer Sicht windet.

Die Porzellanpuppe mit zersplitterter Haut fürchtet den Angriff. Das eifrige Pack schultert seine Kannen und Säcke mit allem, was ihnen fehlt. Die Flüssigkeit, die durch den Riss suppte, ist geronnen. Die Rückkoppelspule schnappt sich surrend den Stichling. Die Teppichkrabbler folgen ihren Beschwörern: "Wir müssen reinkommen, um rauszukommen!"

Frei nach: Genesis - Carpet crawlers (auf "Lamb lies down on broadway", 1974)

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15 Wortmeldung(en):

Anonymous Anonym meint...

SCHLAFwolle hab ich gelesen und fand es so ungemein poetisch wirkmächtig, dass ich prompt die angenehme, einschläfernde wärme unter meinen füßen spürte.

11/1/06 16:35

 
Anonymous Anonym meint...

Wahrlich fantastisch.

11/1/06 16:43

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

...und danach eine Extraportion Schlafsahne auf dem Apfelkuchen landen ließest, glam? :)

11/1/06 16:47

 
Anonymous Anonym meint...

Und ich dachte immer, beim Übersetzen dieses Albums müsse man zwangsläufig den Verstand verlieren. Gut, dass es nicht so gekommen ist: Gratulation!

11/1/06 21:06

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

Spätfolgen sind noch nicht absehbar, fürchte ich. :)

11/1/06 21:06

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

@rulla: Was kosten Blubberblasenbeamer so?

11/1/06 21:09

 
Anonymous Anonym meint...

schlafobers zuobers, bippe!

12/1/06 07:17

 
Blogger Pe meint...

Die hätten Phil Collins nie erlauben dürfen zu singen. Meine bescheidene Meinung.

12/1/06 09:49

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

Mit der stehst Du nicht allein. Und die Keyboard-Taste zum Streicher-Unterlegen hätten sie ihm auch nicht zeigen dürfen.

12/1/06 09:57

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

Ein Blubberflipper? Hui.

12/1/06 14:30

 
Anonymous Anonym meint...

das mit der schlafsahne und dem schlagsack hatten wir doch schon mal... ;-)

12/1/06 15:57

 
Anonymous Anonym meint...

Damals gab´s LSD zum Brunch.

Ach quatsch, damals gab´s ja noch gar kein Brunch.
Und keine Metrosexuellen.

Dafür aber Phil Collins.
Auch am Schlagzeug.

12/1/06 16:35

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

@dolce vita: Da war haber Schlafwolle kein Thema. :)

12/1/06 18:07

 
Anonymous Anonym meint...

Eine ausgesprochen hübsche Übersetzung. Da dürfen Sie auch gerne ein Trackback auf meinen heutigen Beitrag setzen.

13/6/07 14:23

 
Blogger Oles wirre Welt meint...

Das freut. Danke. Gerne.

13/6/07 14:39

 

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