Wie Willi mein Feind wurde
Nun war ich seit Anfang der Neunziger ein äußerst eifirg und ambitioniert im Auftrag des tighten, beschwingten Grooves hinter der "Schießbude", sog alles was es an virtuosem Schlagzeugerfrickeltum zwischen Jazz, Funk, Fusion, Grunge, ProgRock und anderen Musiksorten in der Weltgeschichte gab, gierig in mich hinein, um der neue trommelnde Held vom Erdbeerfeld der Zukunft zu werden.
Die Plattensammlung meines Schlagzeuglehrers war da das große Vorbild. Er hatte alle virtuosen Helden des Genres auf Scheibe und ich war heiß auf jede einzelne und ich verachtete alles, was nicht so war, wie das, was ich mochte, wie das was ich sein wollte. Vor allem die Volksmusik und bajuvarischen Schlagerbarden hatte ich auf dem Kieker und amüsierte mich königlich, als mein damaliger Lehrer über das "Napalm Duo" ätzte. Allseits attestierte man mir durchaus veritable Erfolge.
Ich übte, bis das Trommelfell schlackerte und die Holzspäne flogen, ließ die Fenster zittern und die Bodenbohlen beben. Und dann kam meine Oma rein und sagte nicht viel mehr als: "So wirst Du nie ein guter Schlagzeuger. Du darfst nicht so spielen. Guck Dir mal den Schlagzeuger vom Naabtal Duo an, so macht man das. Der spielt vor allem nicht so laut."
Ein stechender, lähmender Schmerz der peinlichen Berührtheit und Demütigung durchzuckte mich wie dreißig curarebestrichene Pfeilspitzen. Ich war schockiert, platt, enttäuscht, verwirrt. Wieso ausgerechnet der dickwanstige Lederhosenträger von hinter den Bergen bei Regensburg? Und woher wusste sie, wie laut er wirklich gespielt hat, wo sie seine Spiellautstärke vor dem Fernseher doch mit der Fernbedienung regeln konnte? Ich wusste es nicht, ich vergaß es, es war mir nach einiger Zeit schnurzpiep, verschwand auf enorm lange komplett aus meinem Bewusstsein. Bis zum vergangenen Sonntag. Da saßen die beiden plötzlich bei Götz und Christine. Und ich guckte und ich schluckte. Zack! Da waren sie wieder. Die alten Erinnerungen und Gefühle tanzten und sausten in Achtenbahnkurven wild durchs Nervensystem. Ich warf Willi kurz einen bösen Blick zu und dachte zu mir selbst: "Lass gut sein."
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