Zehne zeigen
1. Thomas Bernhard - Alte Meister
Beim Durchstöbern staubigverwinkelter Antiquariate ist mir eine alte Erstausgabe zum Spottpreis in die Hände gefallen. Leichte Ehrfurcht vor dem edlen Gebinde und magistrale Zeitnot haben mich noch nicht eintauchen lassen.
2. Javier Marías - Mein Herz so weiß
Eine äußerst belesene Freundin von mir schwärmt von diesem Roman, der wohl durchaus mehr Menschen als nur sie begeistert hat. Ich selbst habe mich aber schon auf den ersten Seiten im hypotaktischen Gewirr roter Fäden im Satzbau verheddert und das Buch vorerst auf der Lektüreliste wieder in den Wartezustand geschickt.
3. Friedrich Nietzsche - Also sprach Zarathustra
Habe ich "Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik" doch durchaus mit kribbelndem Interesse durchförstert und aufgesogen, habe ich den Zarathustra doch nach gut 100 Seiten in die Ecke gepfeffert und den Schmarrn nicht mehr ausgehalten. Steht seit Jahren eingeschüchtert zwischen Kant und Wittgenstein, wird wohl so schnell nicht mehr in die Leseliste eingewechselt.
4. Johann Wolfgang von Goethe - Die Leiden des jungen Werther
Dereinst vor vier Jahren halb gelesen, dann bittere Trennung durchlitten. Mutter war besorgt um Sohn, verbat die Lektüre aus übertriebener Furcht vor potenziellem Suizid. Sohn folgte einsichtig, verpasste nach überstandener Herzreparatur einen neuen Versuch.
5. Gustave Flaubert - Die Erziehung des Herzens
Das letzte große Flaubert-Werk, was mir noch nicht unter die Lese-Augen gekommen ist. Wurde bislang auf die Zeit nach der Magisterarbeit vertröstet. Gesichtsausdruck: Bislang noch entspannt und geduldig.
6. James Joyce - Dubliners
Angeschafft, nach dem "Ulysses" und "Das Porträt eines Künstlers als junger Mann" zu blitzblanker Begeisterung führten. Aus irgendwelchen, kaum benennbaren Gründen nur zur Hälfte gelesen, trotz der Kürze. Fortsetzung soll folgen.
7. Juan Carlos Onetti - Das kurze Leben
Opfer mangelnder Lesedisziplin. Die ersten vierzig Seiten stilistisch fantastisch gefunden, abgelenkt worden, aus der Hand gelegt, vorerst noch "Lese-Ruine". Fehlende Seiten sollen jedoch noch nachgeholt werden. Wartelistenplatz weit vorn.
8. Marcel Proust - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
Leidet immer noch unter dem schlechten Ruf, man verlöre sehr viel Zeit, läse man es ganz. Bislang vor allem Blickfang und Regalbeschwerer. Hofft auf zu viel Zeit des potenziellen Lesers. Die Umstände, die so viel Zeit ermöglichen sorgen den potenziellen Leser aber. Vorerst auf die lange Bank geschoben.
9. Terézia Mora - Alle Jahre
Ein verblüffender, sprachlich brillanter und erstaunlich erzählter Roman. Auf den ersten einhundert Seiten. Teilt das Schicksal mit Onetti, Joyce, Goethe und vielen anderen. Weiterlektüre erscheint mindestens enorm lohnend. Sobald Zeit ist.
10. Robert Musil - Der Mann ohne Eigenschaften
Teilt das Schicksal mit Proust. Zu viele Seiten brauchen bei zu langsamem Lesetempo und zu wenig Disziplin zu viele Anläufe. Bislang nicht über die Anschaffung und einen Spitzenplatz auf der Liste "ambitionierte Vorhaben" hinausgelangt.
Mich persönlich würde nun ja reizen, wie es auf diesem Gebiet bei Viktor, Nora und Frau Mephistascripts bestellt ist.
Wenn sonst wer mag: Auch sehr gern.
23 Wortmeldung(en):
ach herrjeh.
6/7/06 13:33
tja...
6/7/06 13:57
"Javier Marías - Mein Herz so weiß" hab ich auch nur 70 Seiten geschafft. Ist aber auch echt ein bisschen überbewertet, sagt der studierte Literaturwissenschaftler Julius Magnus Graf von Burnsterhausen.
6/7/06 14:27
Womit ich dann gar adliger Meinung wäre. :)
6/7/06 14:31
Der `englische Patient`hat mich gequält und wollte dringend aus der Hand gelegt werden, diese Mankell-Krimis krieg ich auch nie runter und das Projekt Sophies Welt mußte gestoppt werden, als ich anfing, nach drei Seiten lesen spontan einzuschlafen. Solaris wurde aus Pflichtgefühl gelesen und keine Liebe entdeckt...
Mit Klassikern beeindrucken tu ich dann morgen wieder. Oder so.
6/7/06 15:07
bei "also sprach..." gings mir genauso. schöner beitrag im übrigen. wollte längstens mal was zum thema "schrankware" schreiben.
6/7/06 15:11
Hui, sehr intimes Stöckchen. Fast, als hätte man es...
6/7/06 15:39
> Mutter war besorgt um Sohn,
> verbat die Lektüre aus
> übertriebener Furcht vor
> potenziellem Suizid.
Und wieder einmal bin ich sehr gerührt.
6/7/06 15:43
Hey KleinesF. Kommentieren macht doch irgendwie nur Sinn, wenn es Sinn macht, oder?
6/7/06 16:35
argh ich hab das ja gar nicht richtig abgeschick..kompliziert hier!
also. der mann ohne eigenschaften hat bei mir ein noch übleres schicksal, er liegt nämlich irgendwo und kann mich nichmal dran erinnern,dass ich ihn weiterlesen wollte. der zauberberg ist auch eher so in weiter ferne und ( was dich vermutlich entsetzen wird :P) ein held seiner zeit zieht sich auch schon seit ein paar monaten ohne das ich genau weiß warum...
( ps: hast du icq mal angehabt? ich hab mein handy verschusselt( nummern!) und wir wollten doch ma kaffee trinken oder so? :)
6/7/06 16:52
@ ole: ...dem Stöckchen werde ich selbst verfreilich nachkommen :)
6/7/06 17:48
Ich schätze über ein Drittel der Bücher in meinem Schrank sind nicht ausgelesen, da sie einen einfach nicht fesseln.
6/7/06 22:50
1. Sven Regener: Herr Lehmann - irgendwie komme ich mit der Art, wie der Herr Regener schreibt, nicht so ganz klar.
2. Philipp Kerr: Die Berlin-Trilogie - ist im Rahmen der gewonnenen 20 alte 11 Freunde-Hefte-Auktion bei ebay irgendwie untergegangen. Irgendwie gefiel mir Fußball dann besser - warum nur...?
3.- mind. 10. diverse Autoren: diverse Star Wars-Titel - hatte sie schon auf Englisch gelesen und nur zwecks Sammlungsvollkommenheit gekauft. Auf Englisch waren sie schon Müll und die deutsche Übersetzung tendiert nicht dazu, sie besser zu machen. Im Gegenteil.
7/7/06 12:01
Hast du dich eigentlich mal an den Schopenhauer (oder wer das war) rangetraut? Dieses mathematische Logik-Zeug da?
7/7/06 12:05
@galen: Nein. Mir hat schon das Formelgewusel bei Wittgenstein gereicht. :)
7/7/06 13:50
@kleines f: ja bitte? als hätte man es...?
7/7/06 13:51
Stimme dem Kollegen Haase in seiner Aussage zu. Weiser Mann mit zwei Daumen.
James Joyce liegt mit eben jenem Werk komplett ungelesen unter völlig zerfleddertem "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" - mit elf Jahren gelesen, neidisch geworden und versucht, heroinabhängig zu werden. Keine Freundin gefunden, die mitmachen wollte. Versuch zugunsten der Zigarettenindustrie abgebrochen. Rauchen ist cooler.
Nach wie vor halber Goethe-Fan. Nietzsche komplett verschlungen. Erst Jahre später doof ge-, und befunden.
Jetzt "Die Truhen des Acrimboldo" wieder aufgenommen. Buch ist immer noch "so mittel", dennoch unfassbar gut beschriebene Sexpassagen drin. Der Rest ist überblätterbar.
7/7/06 14:19
Javier marias wird erst am ende gut, dann aber richtig. Beim Mann ohne Eigenschaften gehen meine Gedanken spätensten nach 80 Seiten auf Wanderschaft, manchmal schon mitten im Anfangswetterbericht. Bücher mit mehr als 1000 Seiten sind nicht zeitgemäß und sollten portionsweise als Blog veröffentlicht werden.
7/7/06 14:20
Entsprechende Acrimboldo-Passagen auf die Leseliste aufgenommen. Schweißperlen im Angesicht des immer größer werdenden Berges. Bahnhofzoo-Kinder mit neun gelesen, Angst vor David Bowie bekommen. Ansonsten: Volle Zustimmung. :)
7/7/06 14:26
SO! Genau so. Ist die Welt. Und nicht anders. Direkt in 10 kurzen statements auf den Punkt geschrieben! Weltliterarisch ist dem kaum noch etwas hinzuzufügen.
7/7/06 16:49
den marías hat mir der reich-ranicki eingebrockt, ich hab ihm das heute noch nicht verziehen.
7/7/06 23:28
Anspruchsvoll werter Herr.
8/7/06 15:20
Wittgenstein war's, stimmt. Irgendwie wusste ich nur noch, dass es einer der Leute war, die in diesem dämlichen Ärtze-Song aufgezählt wurden. Ich meine Schopenhauer, Hegel, Kant und Wittgenstein. Sonst noch wer? Ist aber eigentlich auch nicht wichtig - schlimm nur, dass ich ständig irgendwelche Ärtze-Zitate bringen kann... Hänge hier an der Uni wohl mit den falschen Leuten ab. Oder es sind zwar die Richtigen, aber sie haben komische Angewohnheiten...
10/7/06 11:52
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