Clevere Öl-Kruderien
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Auf Reisen sammelt er Öl-Reste an Stränden und verwandelt sie in Kunst. Bröselige Bitumen-Brocken, teerglitschige Flatschen, steinharte, hartzige oder knetgummiartige Klumpen. Zum Teil hat er die als kunstvolle "Teerarien" in schmucken Plastikgehäusen drapiert und verkauft. Auf straff gespannten Leinwänden malt er nun vor allem mit den rohen Erdöl-Klumpen. Der Clou ist der Preis: Jedes Strich-Geflirre, jeder Wischer eines Ölbrockens auf der Leinwand kostet den Gegenwert von zwei BP-Aktien - je nach tagesaktuellem Börsenkurs. Bei drei fein geschwungenen Ölklecksen, beispielsweise aus Kalifornien, Belfast und vom Peleponnes, kommen beispielsweise 6 Aktien zusammen. "Der Wert meiner Kunst rutscht so mit den Börsenkursen herauf und hinunter - je nach Nachfrage. Das Skurrile dabei ist: Der Kunstmarkt funktioniert fast genauso."
Ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel. Mit etwas Glück wird er bald schon 500 Aktien von BP besitzen. Und wird in wahrscheinlich 267 Jahren seinen Traum erreicht haben. Mit Glück früher. Vielleicht auch knapp später. Langfristige Prognosen in Wirtschaftsfragen sind heikel. Doch wäre dies immerhin etwa 365 Jahre vor dem Erklingen des letzten Tons in John Cages Jahrhunderte überspannendem Orgel-Projekt im Halberstädter Dom. Ein Paar Ölbrocken wird er noch von Stränden klauben, eine Reihe Bilder wird er noch verkaufen müssen, um dafür neue Aktienpakete zu ergattern - gibt es doch 640 Millionen Aktien, wie er sagt. "Ab 20 Millionen werden sie bei BP mit mir reden."
Ruppe will an die Spitze. Wird sich auch als neuer Chef des Öl-Konzerns zur Wahl stellen, der sich noch sortiert nach dem Rücktritt von Lord John Browne, der den Ölkonzern BP immerhin innerhalb einer Dekade zum größten Unternehmen des United Kingdom mit einem Wert von 110 Milliarden Pfund verwandelt hatte. Der große Lord stolperte indes über seine Liebesaffäre mit einem jungen Kanadier.
Doch was macht Ruppe Koselleck, wenn er erst an der Konzernspitze sitzt? Liebe zu und mit Kanada würde vermutlich eher ein schattiges Plätzchen am Rande mit Blick auf bewaldete Hügelketten einnehmen. "Mir schwebt eine Kooperation mit dem ökologischen Institut in Freiburg vor", schnurrt er. Außerdem müsse das erst vor Kurzem neu entwickelte Logo dringend weg und verändert werden. Fast schon eine Prestige-Aufgabe für einen findigen Künstler. Weitere Pläne? Ausgeheckt, aber noch geheim. Wo bliebe sonst der Überraschungs-Effekt? Vorerst wird er weiter Klumpen klauben und mit rohem (krudem) Öl formschöne, sparsame Formen auf Leinwände wischen, um Aktien zu ergattern. Wenn er nicht gerade daran werkelt, mit 10.000 Modell-Autos die nobelsten Parkflächen am Berliner Ku-Damm vollzuparken. Oder weitere spinnerte Ideen durch's Hirn wuseln und sich schelmisch stechendes Haferstroh im Nacken bündelt. Der Anfang ist gemacht, vier oder fünf Schritte näher ist die Weltherrschaft schon gekommen. Bis zum 27. November hat er sein Planungs-Hauptquartier als Teil der "You Müst See"-Ausstellung im Foyer der Bezirksregierung Münster aufgeschlagen. Wer also in Öl und Visionen investieren möchte...
9 Wortmeldung(en):
Herr Koselleck scheint ein Gespür für interessante Investitionen zu besitzen - es gibt kaum einen Rohstoff, den man vielseitiger nutzen kann. (Und übrigens: sehr gute journalistische Arbeit, Ole!)
21/11/07 08:54
kaufen - kaufen - kaufen!
wieder ein sehr schöner bericht, lieber ole:-)
21/11/07 10:05
wunderschön recherchiert. und wunderschön all das zwischenzeilige zwischenzeilig gelassen, um meinem hirn die notwendigen eigenleistungen zu lassen. hach. hach!
21/11/07 10:19
@mq: Mit richtigen Investitionen auf den Ölymp klettern... :)
(und: danke.)
22/11/07 10:10
@schneck06: Ich muss erst noch ein paar Shell-Aktien verkaufen, um meinen Liquiditäts-Engpass zu überbrücken... :)
22/11/07 10:15
@wort-wahl: Zwischen den Zeilen ist es doch oft am bequemsten. Da stehen auch weniger festgesetzte Worte im Weg herum. :)
22/11/07 10:15
Ich ziehe einen gemütlichen Platz zwischen den Stühlen allerdings vor. ;)
Die schlimmsten Crude Ölbilder, die ich in meinem Leben besichtigen durfte, waren die Beine der Mexikanerinnen, die am Strand von Tampico aus dem Wasser stiegen und an denen die schwarze Scheisse heruntertropfte. Schlimmer als ölverschmierte tote Vögel an der spanischen Küste.
22/11/07 10:34
Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft meldet sich Ruppe Koselleck, um sich für den Artikel zu bedanken.
Leser erhalten Sonderrabbat!
Ein Ölbild mit orignalen Spuren aus Belfast und Spanien für 25 Euro. (2x3cm großer Schinken)
Investiert sofort und besucht
www.koselleck.de oder www.take-over-bp.com.
Auf dass es wahr werde und ein Künstler den Konzern schluckt.
Ölbilder sind ebenso schön wie signiert.
Gruß von Ruppe Koselleck
30/11/07 13:30
Moin Ole,
die Feindliche Übernahme von BP geht munter weiter. Inzwischen sind es bald 1000 Aktien und es fehlen also nur noch 97.Milliarden867Millionen und ein paar zerquetschte Stückaktien bis ich Dich zur großen Übernahmefeier einladen werde.
ein Gruß aus der UTube von Ruppe Koselleck
http://www.youtube.com/watch?v=gbgocyAiy5g&feature=related
Und ab sofort gibt es ein festes Übernahmebüro im Berliner Kunstverein
http://www.berliner-kunstverein.com, das jeden Freitag von 17 - 20 Uhr geöffnet hat.
12/3/10 17:42
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