Vorsicht ist nicht nur die Mutter der Porzellankiste sondern auch geboten im Umgang mit Küchengeräten und Haustieren. Vor allem in Kombination mit Kindern.
Viktors kryogenische Experimente mit Goldfischen und Hamstern sind ein ergreifendes Beispiel dafür, was passieren kann, wenn Grundschulkinder zu spät mit Physikunterricht in Kontakt kommen. Ein anderes Exempel der mortalen Kombination
Kind/Tier/Technik - mit jahrelangen traumatischen Folgen - ereignete sich zu einer Zeit, als Twix noch Raider hieß, in der Nähe meines kleinen Heimatdorfs.
In einem idyllischen kleinen Häuschen, von krummbuckligen, knorrigen Eichen umgeben, wohnten Silke und Mareike* mit ihren Eltern. Silke ging mit meiner damals besten Freundin Anna zusammen in die erste Klasse, ihre Schwester sogar schon in die zweite, und wir spielten oft zusammen verstecken oder fangen. Manchmal musste ich mit ihnen auch Barbie-Rollenspiele durchleiden und fing mir böse Blicke ein, wenn mein
Ken den ganzen Tag nur reglos am Pool schlief.
Eines Tages nun traf ich Silke und Mareike vor der Schule. Ich war mal wieder eine Viertelstunde zu spät die immerhin 200m lange Strecke zur Grundschule angetreten, fürchtete schon den bösen Basiliskenblick meiner Klassenlehrerin und sah die beiden, vom Regen begossen, mit verquollenen Augen und heulend auf dem Parkplatz stehen.
Was war passiert?Schon am Tag zuvor hatte der Himmel seine Schleusen weit geöffnet und unentwegt trübgraue, kalte Regenmassen über der ostfriesischen Tiefebene ausgekippt. Silke und Mareike waren den ganzen Tag gezwungen gewesen, im Haus zu spielen, weil man sich draußen erkälten konnte und Erkältungen auch für Kinder ungesund sind. Den ganzen Tag hatten Silke und Mareike gequengelt, weil sie trotz des Regens mit
"Nietzsche", dem intellektuellen Dackel der Familie, durch die Pfützen springen und Gassi gehen wollten. Da aber Erkältungen auch für Hunde ungesund sind, hatten ihre Eltern jeden Schritt vor die Tür - ob mit oder ohne Hund - strengstens verboten. Am späten Nachmittag wollten ihre Eltern dann in die Stadt, um sich im "Taraxacum" eine Autorenlesung anzuhören.
Die Eltern hielten ihre Töchter schon für groß. Somit hatten sie den Fernseher damit beauftragt, das Babysitting zu übernehmen und nicht extra eine Aufsichtsperson bestellt. Kurz nachdem sie nun in Richtung "Literarisches Event" in der Leeraner Altstadt aufgebrochen waren, stach der renitente Hafer die beiden Gören und sie dachten sich:
"Ha! Mama und Papa sind weg! Ziehen wir unsere Regenklamotten an und gehen wir doch mit "Nietzsche" spazieren!" Gesagt, gegangen. Draußen schüttete es immer noch aus vollen Kübeln, und als das heimliche Gassigehtriumvirat wieder nach Hause kam, war es schon spät. Nicht mehr allzulang und ihre Eltern würden wiederkommen.
Das Problem: der nasse Hund. Neben dem Regen draußen wollten sie sich ein Donnerwetter drinnen ersparen,wenn ihre Eltern den klatschnassen Dackel sähen. Also mussten sie sich etwas ausdenken. Und Mareike kam auf die Idee, dass ein Hund garantiert schnell trocknet, wenn man ihn in die Mikrowelle steckt.
Unter größtem Zappelprotest des kleinen Rauhhaarvierbeiners stopften sie ihn in den viereckigen Kasten, schlossen die Tür und schalteten das Gerät ein. Kurze Zeit später ploppte es, die Klappe flog wieder auf, es spritzte und knallte. Alles war voller Blut. Nietzsche war geplatzt.
Das Donnerwetter war so weit größer als es zehn Regenspaziergänge zusammen hätten bewirken können. Die Mikrowelle wurde entsorgt, Nietzsche unter nicht enden wollenden Tränenströmen begraben, und die Mädchen hatten über Jahre hinweg ein enorm gespaltenes Verhältnis zu Küchengeräten. Dabei hatten sie es nur gut gemeint.
*Namen vorsichtshalber geändert - bevor Beschwerden kommen.Doch nicht nur Grundschulkinder können Tieren im Zusammenhang mit Küchengeräten gefährlich werden, wenn man sich meinen Beitrag vom 24. September 2004 ins Gedächtnis ruft:
Das Kaninchen in der Truhe