Montag, Januar 31, 2005

Prélude de la goutte d'eau

Seit Stunden hämmert der amorphe Groove von eiskalten, trüben Regenwassermassen, die unentwegt gegen mein Dachschrägenfenster klatschen. Zerstreuter Blick nach draußen. Krumme Gedanken rutschen im Hirn umher wie nervöse Hausfrauen auf einem Stuhl in der VIP-Lounge von André Rieu, für dessen Konzert sie einen entsprechenden Backstageausweis bei einem Kochzeitschriftenpreisrätsel gewonnen haben, und dessen Auftauchen nach dem Konzert sie jetzt mit fulminanter Gesichtsröte aufgeregt entgegenfiebern.

Über wirre Verzweigungen kletterte zum Beispiel Juho Hyytiainen in meine Gedankenbahnen. Der verließ anno 1908 seine finnische Heimat nahe der Permafrostgrenze und brach auf in die große, weite Welt - nach Amerika. Dort nannte er sich dann Herman Anderson. Vielleicht kannten ihn viele Leute, das weiß ich nicht. Inzwischen ist er Opa. Und zumindest seine Enkelin wird gekannt und ist dank enormster Oberweite, knatschblonden Haaren und Knutschlippen doch als Poster an so manchen Wänden gelandet. Auch wenn kaum einer weiß, dass Pamela Andersons Opa Finne ist. Was wahrscheinlich auch kaum jemand weiß - oder zumindest nicht bemerkt hat: Die Mettwurst von Aldi (Nord) ist ein Barfuß-Produkt. Nun hätte ich eh nie die geräucherte goldene Wurstwarenherstellerkennermedaille gewonnen - die Firma Barfuß war mir trotzdem neu. Ob irgendwer diese eher mäßig wertvollen Erkenntnisschätze überhaupt wissen will, ist eine andere - zugegeben berechtigte - Frage.

Geben Sie dem Kaninchen eine Möhre. Es hat es sich verdient.

Was macht eigentlich Miss Müggenmarkt inzwischen? Man hört doch nicht mehr viel. Wahrscheinlich schenkt sie beim Jahrestreffen der Critzumer Dieklooper Tee aus und verkauft beim Schulfest in Pogum Waffeln. Indes wurde mal wieder die Miss Germany gewählt. Sie kommt diesmal aus Soest. Ihre Hobbies sind lesen und Sport. In der hochqualifizierten und geschmackssicheren Jury saßen Rainer Calmund, Udo Lattek, Hera Lind, Réné Weller und Berti Vogts. Calmund mag Frauen mit Pölsterchen und findet es fies, dass nur eine gewinnen kann. Berti Vogts ist die Auswahl sehr schwer gefallen. Udo Lattek wollte mal Frauenbeine und nicht immer nur die von Männern sehen.

Sonntag, Januar 30, 2005

Das Weltende der Bratwurstbuden

Feine Sache, netten Freundschaftsbesuch aus der Heimat zu bekommen. Und als ich diese(n) heute zum Bahnhof brachte, fiel es mir wie Schafskäsekrümel aus dem Fladenbrot: Der Münsteraner Bahnhof ist a) nachwievor enorm hässlich und b) inzwischen ein Mekka der dönertierverarbeitenden Industrie. Über zwanzig Dönerbuden habe ich im Umkreis des Bahnhofs ausgemacht. Und nicht nur im Angebot, sondern auch namentlich ähneln sich die Rotationsspießgrillbuden zum Teil frappierend: Besonders kreativ dabei sind "Döner King" und "King Döner". Zweiterer scheint mehr Wert auf den Adelstitel, ersterer mehr Wert auf Döner zu legen. Gab es je königliche Döner-Hoflieferanten?

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch ein Plädoyer für die teutonische Imbisskultur, das ich vor Monaten in diesem Zusammenhang in der Lokalzeitung gelesen habe. Der Wetterer ereiferte sich dabei darüber, dass die gute deutsche Pommes Schranke, Currywurst, Brathähnchen und Krakauer zunehmend Dörüms, Köftes und Falafeln weichen muss. Ein wohlgenährter Herzog zu Schaumburg-Lippe mit Falafelresten im Bart hätte diesem Herrn sicherlich den tobenden Schaum der Entrüstung um die Mundwinkel gezaubert.Die lodernde Flamme seiner Hassattacken hatte sich daran entzündet, dass Charlotte I & II, zwei legendäre Imbisse Münsters nun "Shahin" heißen und der "Wienerwald" seit kurzem das "Kebap-Haus" ist. Lähmende Angst, dass der Mantateller womöglich in Bälde nur noch in den Geschichtsbüchern, nicht aber in der Nähe des Münsteraner Bahnhofs zu finden sein könnte.

Ein Horror-Szenario! Der Himmel verfinstert sich, Wolken türmen sich auf wie Riesengebirge, ein tosender Sturm bricht los, es regnet Feuer und Asche, die vier apokalyptischen Reiter durchqueren den Himmel und was haben sie als Reiseproviant dabei? Richtig, Döner. Die Fastfoodapokalyse. Wie auch immer. Wohl bekomm's.

Samstag, Januar 29, 2005

Und da ist er plötzlich im Fernsehen...

Ein enorm gemütlicher Tag. Nach dem Wochenmarktbesuch mit warmer Decke und einem guten Buch in den Sessel in der Ecke gekuschelt, dazu bezaubernde Klänge von der neuen "Bright Eyes"-Platte und Damien Rice. Und gerade schalte ich den Fernseher kurz an, um die Zwischenstände in der Bundesliga anzugucken, und was sehe ich? Damien Rice mit "O" - "jetzt im Handel" - präsentiert von PRO7. Ist ja nicht so, dass es die Platte schon anderthalb Jahre gibt. Nun gut, auf meinem Exemplar fehlt der PRO7-Aufkleber, das Qualitäts-Siegel. Eigentlich schön, dass hervorragende Musik auch endlich mal wieder ein massenmediales Forum findet, und größere Menschenmengen für Klänge abseits von gecasteten Eigenprodukten wie "Nu Pagadi" begeistert werden. Und doch bleibt ein seltsames Gefühl, dass ausgerechnet PRO7 für Damien Rice wirbt. Irgendetwas passt da nicht ganz zusammen. Was ein Soundtrackbeitrag für einen Kinofilm nicht doch bewegen kann.

Winteridyll

Weiß glitzert der Schnee im Glanze der strahlenden Wintersonne. Die Luft ist kalt. Ein einzelner Rabe kauert im Geäst der Linde gegenüber. Er ist nicht in den Süden geflogen. Eng aneinandergekuschelt schieben sich Pärchen über den Wochenmarkt auf dem Domplatz, die Gesichter oft halb von selbstgestrickten Schals verdeckt. Einige Männer schützen ihre Halbglatze mit selten modischen Mützen vor dem Einfrieren.

Das überfrorene Kopfsteinpflaster stellt das Schuhwerk der Damen und deren Gleichgewicht auf eine harte Probe. Nicht wegrutschen. Schon zum dritten Mal innerhalb von fünf Minuten hält sich die krummnasige Marktverkäuferin am Gemüsestand ihre Hände vors Gesicht und haucht in die Innenflächen, um die Finger nicht steif werden zu lassen. Auf der Außenhaut der Melonen zeichnet sich ein leichter Hauch von Raureif ab. eine große, frierende Menge drängt vor der Kaffee-Bude. Auch ich.

Vor mir lässt ein knorriger, alter Mann mit fusseligem Vollbart und verwuscheltem Haupthaar einen seiner Handschuhe fallen, als er den dampfenden Kaffeebecher in Empfang nehmen will. Ich bücke mich, um den Handschuh aufzuheben, gebe ihn zurück. Die dunklen, feuchten Augen des Greises funkeln glücklich, er öffnet den Mund für ein beinahe zahnloses Lächeln und sagt "danke". Nur zwei helle Stumpen im Oberkiefer setzen sich vom Dunkel seiner Mundhöhle ab. Daneben klaffende Leere.

"Was kostet heutzutage wohl ein komplett neues Gebiss?", denke ich, als auch ich an der Reihe bin und mir einen Kaffee bestelle. Der Gedanke huscht so flink wieder fort, wie er gekommen war, als ich die Hände um den dünnen Pappbecher klammere. Eine wohlige Wärme klettert über die Arme in meinen Körper zurück, durchströmt mich von innen nach dem ersten Schluck. Das trübbraune Gebräu ist mein kleiner, persönlicher Geysir im isländischen Frost. Zitternd tritt tritt die Blumenverkäuferin von einem Bein aufs andere, verschränkt die Arme vor der Brust. Ihre Nase ist von der Kälte gerötet. Ein dunkelhäutiger Herr mit silbergrauen Schläfen und Pockennarben auf den Wangen kauft seiner Begleiterin zwei weiße Rosen.

Mit einer Seelenruhe schaufelt der türkische Schnauzbartträger eingelegte Oliven in eine durchsichtige Plastiktüte. Unter seiner Schürze erkennt man schemenhaft seinen Wohlstandsbauch. Der französische Pastetenbäcker plaudert mit einer Studentin über den beißend kalten Wind und angemessene Winterkleidung. Eine krummbucklige, alte Frau in grünem Filzmantel hat ihren Korb vollpacken lassen mit Rotkohl. Gebeugt schiebt sie sich vorwärts. Alle paar Meter muss sie den Korb absetzen.

Die Sonne scheint unablässig. Sie stört sich nicht daran, dass sie kaum eine andere Wahl hat. Ich blinzle schräg an ihr vorbei und meine, über den fernen Stratus- und Cirrus-Wolken zwei Kondensstreifen von Düsenflugzeugen zu erkennen. Verblüffend schnell wird der Kaffee kalt.

Ich stürze die übrig gebliebenen Schlücke hinunter, kaufe etwas Käse, drei Orangen, Zimt und Tomaten. Gemütlich schlurfe ich zurück zu meinem Fahrrad. Vier betagtere Herren knien neben einer ältlichen Frau im Nerzmantel. Sie ist mit ihren Stöckelschuhen auf dem glattgefrorenen Kopfsteinpflaster ausgerutscht und gestürzt. Sie helfen ihr auf. Ein Schneeball saust durch die Luft, verfehlt sie um Haaresbreite. Eine kurzhaarige Jeansjackenträgerin mit randloser Nickelbrille blickt auf den Nerz, verfinstert ihren Blick und zischt: "Mörderin!" Dann geht sie schnell weiter. Sie hat keine Stöckelschuhe. Sie rutscht nicht.

Auf der anderen Straßenseite hebt jemand seinen Arm - der weißhaarige Greis winkt mir noch einmal mit seiner behandschuhten Hand. Er lächelt mir beinahe zahnlos nach, als ich aufsteige, um den Heimweg anzutreten.

Freitag, Januar 28, 2005

Peng! par bleu!

Wir haben in der WG immer noch keine Button-Maschine, aber seit neuestem einen Popcorn-Maker. Gestern haben wir ihn ausprobiert. Man kann nicht vorab regeln, dass die maisigen Cropproppen süß oder gesalzen herausknallen, aber er poppt gewaltig. so gewaltig, dass gleich zwei pfeilschnelle Maisgeschosse fast wie Flummis von der Auffangschale abprallten und schnurstracks in die Augenhöhle meiner Mitbewohnerin sausten. Ein blaues Auge vom Popcornmachen. Hat nicht jeder.

Der mit dem Rüssel im All rumschnüffelt

Dass ich eine Nase habe, weiß ich. Den Verblüffungsschweiß der Verwunderung wird das wohl auch niemandem auf die Stirn treiben. Was ich aber wahrscheinlich nicht habe, ist ein Duftrüssel. In vergangenen Jahrhunderten, als Spiritismus, Totenbeschwörung, Tischerücken und Schnupftabak mindestens so in Mode waren wie heute Jamba-Klingeltöne und Kabelanschluss, schnitzte das Hirn mancher, gern esoterisch veranlagter Menschen ihnen die Vorstellung in den Hinkelstein unumstößlicher Überzeugungen, dass sie einen Duftrüssel hätten.

Was das sein sollte? Ein unsichtbares langes Rohr am Hinterkopf, das von den Haaren bis zu den Planeten im Weltall aufsteigt und es den Duftrüsselträgern ermöglichen sollte, mit den Geistern des Saturn zu reden, die vielleicht gerade auf dessen Mond Caliban ein Schaf in einer Kiste zeichneten oder mit außerirdischen Füchsen Freundschaft schlossen. Von der Erde zu den Gestirnen fand angeblich ein Hin und Her, eine Übertragung, ein reger Austausch statt. Emanuel Swedenborg aus Uppsala hat so schon im 18. Jahrhundert die Venus, den Mars, den Saturn und allein dreiundzwanzigmal den Jupiter erforscht. Nebenbei begegnete er 1744 und 45 Jesus auf der Straße in London, traf die heiligen Paulus und Johannes. Der "Fürst der Jenseitskundigen" konnte den Menschen aufgrund eigener Anschauung versichern, dass es auch im Himmel Blumen, Paläste, Märkte und Kirchen gibt und dass Engel, die früher Menschen waren, ihre Träume auf Blätter betten. Kant wetterte gegen ihn in seinen "Träumen eines Geistersehers". Und möglicherweise hatte er auch mit seinem Duftrüssel wirklich nur zuviel Äther geschnüffelt.

Donnerstag, Januar 27, 2005

Magyarische Badehandtücher und meine krokodilische Ahnungslosigkeit

Die Rückkehr der Reptilien in den Rock'n'Roll-Zirkus, oder wenigstens auf den Gipfel der deutschen Charts, ist komplett an mir vorübergegangen. Ich habe erst letzte Woche das erste Mal von Schnappi dem kleinen, grünen und erstaunlich niedlichen Krokodil gehört, und das Lied selbst noch nie. Nun schlägt der Puls der Zeit durch viele Adern und ich lebe näher an den kleinen, versteckteren Kapillaren des Zeitgeists als an der Aorta. Vielleicht höre ich's ja dann doch demnächst noch und kann mitreden. Was ich aber seit gerade weiß: Badehandtuch heißt auf ungarisch "fürdõlepedõ". Schön wäre im übrigen, wenn die Verbindungsgeschwindigkeit meines Internets nicht dauerhaft zurückbliebe hinter dem Tempo einer Schildkröte mit scheibenförmiger Welt auf dem Rücken.

Kann man Uwe studieren?

Missverständnisse schaffen zuweilen grandiose Dialoge. Vor anderthalb Jahren, als ich mit gebrochener Mittelhand durch die Stadt stapfte, traf ich zwei Freunde von mir, die mit einem mir unbekannten Menschen gemeinsam durch die Stadt stromerten. Nach kurzem "Hallo" fragte mich einer der Jungs: "Was hast'n Du da?" Mit Blick auf die vergipste Hand sagte ich: "Ich bin verletzt." Darauf der mir Unbekannte: "Ich bin Alex."

Heute gab's was Ähnliches. Ich stand mit zwei Kommilitonen nach dem Literaturwissenschaftsseminar vorm Eingang und die Sprache kam auf Studienfächer, vor allem Kommunikationswissenschaft (KoWi). Robert fragte mich: "Du bist doch KoWi, oder?" Ich so: "Jo." Daraufhin gab mir der Dritte im Bunde die Hand: "Ich bin übrigens Uwe."

In einer digitalen Werbeanzeige habe ich gerade übrigens erfahren, dass man für nur 50€ kostenlos bei Google werben kann. Und gegen Zahlung von 99 Cent bekommt man beim Bäcker drei kostenlose Mohnbrötchen.

Prickelndes Geschehen hinter steinernen Zinnen

Für zehn Minuten habe ich heute dem großen neuen Fernsehspektakel auf der Burg beigewohnt. Meine Fußsohlen haben geprickelt, als ich zusah -ich hatte die Beine zu lange übereinander geschlagen. Ansonsten kribbelte und prickelte wenig. Die Sendung selbst habe ich verfolgt, irgendetwas gefühlt habe ich nicht dabei. Die Burg wird bewohnt von Prominenten, die ich beinahe alle nicht kenne, die aber trotzdem ziemlich betrunken waren, was auf einer Burg wahrscheinlich Brauch ist. Sie hatten lustige Hüte auf, und zwei von ihnen waren aneinandergekettet. Aus irgendwelchen Gründen sollten Zuschauer SMS schicken, weil einer der prominenten Burgbewohner gegen die Wand gepinkelt hatte - obwohl er doch König war und ein beheiztes Dixi-Klo hatte. Ich habe nach zehn Minuten weitergeschaltet. Vielleicht ist noch etwas spannendes passiert, was ich verpasst habe. Ich habe stattdessen Tee gekocht und zu Abend gegessen.

Und ich kündige an:

Mit "Mando Diao" und "The Good Life" kommen nächste Woche zwei musikalische Kracher zur Sarah-Kuttner-Show. Ich verpasse die Sendung zwar ständig - und wenn, gucke ich sie nicht lange. Aber sie haben eine Redaktion, die tolle Gäste holt. Und die beiden Bands lohnen das Einschalten auf jeden Fall!

Mittwoch, Januar 26, 2005

Bienvenido y haartelijk welkom

Ich bin kein Fußballschiedsrichter, ich habe keinerlei Kontakt zu kroatischen Mafia, aber seit gestern eine kleine, feine Besucherstatistik. Soeben hat der 75. Gast sein zwischenzeitliches Zelt hier aufgeschlagen, und ich bin verblüfft. Möglicherweise ist die Seite internationaler, als ich je für möglich gehalten hätte. Es waren drei Gäste aus der Schweiz da, ein Gast aus den Niederlanden , aus Spanien und sogar ein Gast aus Südafrika, 6 Gäste aus den USA und 9 Gäste aus dem Vereinigten Königreich. Es wäre eigentlich eine charmante Idee, die Texte hier mehrsprachig zu gestalten. Und spannend zu sehen, ob die Texte noch weniger Sinn machten als sowieso schon, wenn man sie mit Google auf englisch übersetzte. Auf jeden Fall: Herzlichst Willkommen an alle, die mir die Ehre ihres Besuches erweisen!

A wish has left us empty handed…

Ich vermute, ich gehe recht in folgender Annahme: Mein Geldbeutel weiß nichts von seinem möglichen Schicksal, und er selbst ist nicht zu emotionalen Regungen in der Lage. Sonst würde er womöglich bald verlustangsterfüllt zittern wie Efeu im harschen Winterwind, bibbern wie ein Frosch im Gras mit gebrochenem Bein – in Anbetracht des donnernd näherkommenden Rasenmähers, oder schockiert jaulen wie der arme Spürhund, der die Spur von Homer Simpson aufgrund von dessen Unterhosendüften aufnehmen sollte!

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Der Passus im Hochschulrahmengesetz, der Studiengebühren für das Erststudium ab dem ersten Semester verbietet, ist Geschichte. Verbannt auf den Scheiterhaufen überkommener Ideen. Leider rechtswidrig. Nicht abwegig ist, dass der Bollerwagen der akademischen Karriere tausender Studenten in Bälde im zähklebrigen Matsch der Zahlungsunfähigkeit feststecken wird - wenn tatsächlich ab dem ersten Semester Studiengebühren verlangt werden.

Die Spezies, deren caesarischer Daumen sich in diesem Fall entscheidend rauf- oder runterbewegen darf, ist manchmal graumeliert, trägt zuweilen Anzüge mit dazu farblich unpassenden Krawatten, hat ein nicht selten positives Verhältnis zu Diäten und ist – gerade in Bezug auf die Bildungspolitik – in einigen Fällen kurzsichtiger als Hans Maulwurf.

Somit droht vielleicht auch meinem Geldbeutel in Bälde eine größere Leere. Ein unsicher im Raum stehender Betrag von 500 € pro Semester und egal in welchem Semester ist ein zusätzlicher finanzieller Hinkelstein, den beileibe nicht jeder Student heben kann, und nicht jeder ist als Kleinkind in den Zaubertrank gefallen. Der Wunsch, dass das Bundesverfassungsgericht das Studiengebührenverbot von Bundesebene billigen könnte, zersprang wie ein Fabergé-Ei unter den Füßen eines indischen Elefanten.

Nun heißt es hoffen, oder entscheidenden Instanzen hilfreich unter die Arme zu greifen, um Kurzsichtigkeit und deren möglicherweise schwerwiegenden Folgen vorzubeugen, so dass - wenn schon Gelder gefordert werden - sie auch an den richtigen Stellen eingesetzt werden. So ist es ja geplant. Mindestens bis 2008. Danach könnte es aber rein theoretisch sein, dass vom Semesterbeitrag eines Studenten in Erlangen ein Teil des Semesterbeitrags darauf verwandt wird, defekte Glühbirnen der Straßenbeleuchtung in Altötting zu ersetzen.

P.S.: Ich schätze nicht, dass die Glühbirnen der Straßenbeleuchtung in Altötting häufiger kaputt sind als andere und möchte das nicht behaupten! Nicht, dass irgendein netter Mensch aus Altötting sich jetzt auf den (farblich hoffentlich zum Anzug passenden) Schlips getreten fühlt!

Dienstag, Januar 25, 2005

Hat Oma den Durchblick?

Gerade im Bus, auf dem Weg zur Uni: Eine etwa zwanzigjährige, junge Frau - blass im Gesicht - betritt langsamen Schrittes mit einer alten, grauhaarigen Dame - dauergewellt und gebückt - den Innenraum. Der Bus fährt an, die blasse, junge Frau wird kreidebleich und fällt um: bums. Zwei Männer halfen ihr sofort auf, die Miene der vermeintlichen Oma indes verfinsterte sich seltsam: "Mein Gott, Kind! Was ist denn los mit Dir?"

Die vermeintliche Enkelin: "Mir ist grad schwarz vor Augen geworden!"

Die vermeintliche Oma: "Ich sag's doch immer wieder. Kontaktlinsen sind nichts für Dich!"

Ein flammendes Fanal für Fürsorglichkeit und Verständnis.

Jubiläum

Ich werde deswegen keine Torte kaufen, keine Kerzen auspusten und keine Feier veranstalten. Aber heute wird mein fünfundzwanzigster Text für 3Sat im Netz erscheinen - diesmal eine Rezension der "Dresden Dolls". Ein kleines Jubiläum.

Nachzulesen unter http://www.3sat.de/denkmal/internet/74742/index.html

Montag, Januar 24, 2005

Wenn französisch sprechende Kühe jenseits von New York und Witten-Herdecke Zahnbürsten verschlucken

Ich war noch nie in den USA. Insofern habe ich nie aus nächster Nähe bestaunen dürfen, dass sich Witten-Herdecke (wo ich bisher auch noch nie war) vor allem architektonisch von New York unterscheidet. Und ich weiß nicht, ob bei der Vielzahl hilfreicher Produkthinweise (s.u.) auch einer darauf hinweist, dass es Gesünderes gibt, als eine Zahnbürste zu verschlucken. Zumindest ist in Tarif (Saudi-Arabien) ein 70-Jähriger operiert worden, dem eine Zahnbürste entfernt wurde, die dieser 22 Jahre zuvor verschluckt hatte. Die Operation war erfolgreich. Weniger erfolgreich war die Ursachenforschung.Den Mann hatte der bürstige Plastik-Fremdkörper im Bauch zuvor nach eigenen Angaben nie gestört. Wie es dazu kommen konnte, dass der Mann die Zahnbürste verschluckte, verstanden auch die Ärzte nicht.

Das geht Pavianen im Zoo von Hythe in England wahrscheinlich ähnlich. Die verstehen aber nicht einmal ihre Wärter. Da sie erst vor Kurzem aus Paris eingekauft wurden, verstehen sie nur Französisch - oder das, was Paviane so davon verstehen. Insofern müssen ihre neuen Wärter auf jetzt Französisch lernen, denn: "Wenn wir Englisch sprechen, gucken sie nur wie benebelt."

Ein wenig benebelt wiederum war (oder guckte) wahrscheinlich auch eine Kuh - nicht weit von Hythe entfernt - in Butleigh. Falls es französisch- oder englischsprachige Warnrufe gegeben hatte, hat sie beide in den Wind geschlagen oder nicht verstanden und war seelenruhig in einen Swimming-Pool spaziert. Mit beeindruckender Wasserverdrängung klatschte sie also ins feuchte Nass. Allzu überzeugt hat sie die wässrige Umgebung dann auf Dauer aber wohl auch nicht. Nun sind Ausstiegsleitern in Swimming-Pools allerdings auch selten für Paarhufer ausgerichtet...

Zu Unrecht vergessene Weisheiten der Weltliteratur

Nicht dringend zum Überleben notwendiges Wissen findet sich auch in der Weltliteratur. Wenn man sich vergnügt schmunzelnd durch Flauberts "Bouvard und Pécuchet" buddelt, findet sogar einen ganzen Waschzuber voll Naseweisheiten, die zwar seltsam nutzlos sind, aber gerade deswegen bezaubern. In loser Auswahl erfährt man dort unter anderem Folgendes:

Ein Vogel sein zu wollen und "gebt mir Flügel" zu seufzen, kennzeichnet die poetische Seele. Ein Wams ist immer aprikosenfarben.
Alle Metzger sind fett und überfahren die Kinder in den Straßen.
Kaninchenfrikassee wird immer aus Katzenfleisch zubereitet. Vor jeder Statue, die man betrachtet, muss man sagen: "Sie entbehrt nicht eines gewissen Schwungs." Alle Schinken stammen aus Mainz, selbst wenn sie aus England kommen. Ohrenschmalz verhindert, dass Insekten in die Ohren eindringen. Der Mundspülnapf ist ein Zeichen von Wohlstand in einem Haus. Man braucht eine Mandoline, um Spanierinnen zu verführen. Der schottische Philosoph Mackintosh ist der Erfinder des Gummi-Überschuhs. Losdonnern ist ein hübsches Verb.
Vom Klarinettespielen wird man blind. Beweis: Alle Blinden spielen Klarinette. Knoblauch tötet Eingeweidewürmer und bereitet auf Liebesschlachten vor. Kanonendonner beeinflusst das Wetter.
Inkrustieren sagt man nur im Zusammenhang mit Perlmutteinlagen.

Darüber, was genau "inkrustieren" ist, und wohinein man Perlmutt einlegt, liegt bei mir ein schwarzer Schleier der Ahnungslosigkeit. Nachdem ich mir aber erst gestern wieder gründlich die Ohren gewaschen habe, erwäge ich doch, ein klitzekleines "Wir müssen draußen bleiben"-Schild zu basteln - für potenzielle Insekteneinwanderer, die von der porentiefen Reinheit meiner Gehörgänge fasziniert sind...

Morgendliche Malaisen

Jedem, der meint, dass Magen-Darm-Infekte Spaß machen können, sage ich ins Gesicht: "Wir können gern demnächst mal zusammen Bier trinken gehen, aber in diesem Punkt gehen unsere Meinungen entschieden unterschiedliche Wege!" Es gibt angenehmeres, als ans Badezimmer gefesselt zu sein und mit einer Stimme zu sprechen, die eher an finstere Fratzen aus dem Gruselkabinett erinnert.

Freitag, Januar 21, 2005

High Noon in Loga

Meine beschauliche Heimatstadt ist gemütlich, niedlich, atmet den idyllischen Geist der flachländischen Provinz. Nur selten erregt sie überregionale Aufmerksamkeit. Vor sechs Jahren haben Gangster drei Jahrmarktbesuchern mit einer Machete eine Nase, ein Ohr und Hautlappen am Kopf abgehackt! Dann kehrte aber wieder gemächliche Ruhe ein. Friedvolle Ereignislosigkeit (weitgehend).

Insofern sind auch die Anrufe meiner Elten selten von sich überschlagenden Greueltaten und wilden Schießereien geprägt. Anders gestern - Wilder Westen, Terror, Sieg der Technik - ein ganzer Stadtteil abgeriegelt, die Bevölkerung atemlos!

Was war geschehen?

Ein 57-Jähriger aus Klostermoor hatte seit April 2004 keine Miete mehr bezahlt. Das fand der Vermieter blöd und beauftragte einen Gerichtsvollzieher, die Wohnung zu räumen. Gestern war Stichtag.

Der Zahlungsunmoralische kam spontan auf die interessante Idee: dem Gerichtsvollzieher einfach mit einer Maschinenpistole vor dessen Wohnung aufzulauern! Kidnappen, Plattmachen, auf Platt davon abbringen...

Beim Gerangel mit dem Vollstrecker schoss er sich dann unpraktischerweise selbst in den Arm, das eigentliche Opfer erlitt nur ne Platzwunde am Kopf.

Anschließend flüchtete er dann auf den Parkplatz eines benachbarten Supermarktes, wo sein VW Bulli stand. Darin veschanzte der Waffennarr sich mit MP und Handgranaten, drohte, sich selbst und alles rundum in die Luft zu sprengen.

Den ganzen Tag hielt er die Gegend in Aufruhr. Es kamen etra zwei Mobile Einsatzkommandos (MEK) und Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Hannover und Bremen, die Kripo hatte sich im Wohnzimmer des Opas einer Kindergartenfreundin von mir einquartiert, der das alles irre spannend fand. Außerdem schickte die Bremer Polizei einen gepanzerten Wagen nach Leer. Angeblich hat ein ferngesteuerter Roboter den Mann dann zur Aufgabe gebracht, so dass er sich am späten Nachmittag aus dem Wagen fallen ließ und festgenommen wurde. Oh Heimat!

War's etwa der Fritz?

Man muss schon sehr genau hinsehen... wallendes, graues Haar, erhabene Mimik, rauschender Bart, schlauer Blick durch umrandete Brille...

Und beinahe meint man, dass Harald Schmidt vielleicht gar doch das komplette Jahr 2005 Kreativpause genommen hat, und für seine erste Show in der ARD einfach mal den ehemaligen ZEIT-Feuilleton-Chef und Oberintellektuellen Fritz J. Raddatz statt seiner vor die Kamera geschickt hat. Oder doch nicht? Der Kutter hat's gefunden und auch mein Kiefer hakte sich vor schmunzelnder Verblüffung kurzzeitig aus. Man sehe selbst (Link oben).

Donnerstag, Januar 20, 2005

Sicher durch den Sturm dank Hotelschirmformat?!

Herta hat häufiger höchst seltsame Ideen. Dass sie George W. mit Adolf verglichen hat, ist ein alter Hut, den sie im Anschluss nehmen durfte. Danach verschwand sie im dunklen Nebel der öffentlichen Anteilnahmslosigkeit. Im gleißenden Scheinwerfer meines unbändigen Interesses stand sie auch davor nicht wirklich. Und doch: Auf Anregung von Herrn Fries durchsprudelte mich spontanes Aufmerken, als ich erfahren habe, dass Herta Däubler-Gmelin jetzt Schirmherrin geworden ist. Genauer: Unter dem Slogan Bei jedem Guss ist Hertas Schirm ein Muss! möchte sie knallrote Regenschirme unters Volk bringen. Für 6 € (plus 4,50 € Portokosten)

Keine so unnütze Anschaffung momentan - seit Tagen schon bersten die düster dräuenden, grauen Wolken und ein wild durchwirbelter Regenschwall macht durch lautes, unablässiges Prasseln an den Fensterscheiben auf sich aufmerksam. Da käme das Angebot der ehemaligen Justizministerin (98-02), die jetzt wieder in ihrem alten Wahlkreis Tübingen-Hechingen ihr Unwesen treibt, doch sehr gelegen!

"Der knallrote Hingucker mißt 84 cm vom Griff bis zur Spitze, aufgespannt 1,04 m im Durchmesser. Stabile Ausführung im Hotelschirmformat, Automatik, Nylonbezug, Hülle inklusive. Der Schirm ist mit witzigen Karikaturen (Herta Däubler-Gmelin, Schröder u.a. ) berühmter Künstler bedruckt."

Meine Stirn furcht sich in Grübelfalten: Was genau ist ein Hotelschirmformat? Und was unterscheidet den Hotelschirm von anderen Formaten? Was auch noch nicht die Frage beantwortet, warum sie in ihrem Grußwort glaubt, ich wolle mich an ihrem Schreibtisch niederlassen - und wissen, was die Bundesministerin der Justiz a.D. und jetzige Vorsitzende des Auschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft so macht, wenn Sie nicht im Fernsehen zu sehen ist. Ich schätze, sie versucht, bekrickelte Regenschirme loszuwerden. Ob Bush und Hitler auch in karikierter Form auf dem Schirm vor Niederschlag schützen, konnte nicht ermittelt werden.

Mittwoch, Januar 19, 2005

Ich seh' im Text, was Du nicht siehst

Alles neu macht der Mai, einiges neu machen zuweilen die Übersetzer von Büchern. Lustig zu beobachten im "Raben" 47 (Mai 1996): Wohl über zwanzig Übersetzungen ins Deutsche gibt’s inzwischen von Flauberts "Madame Bovary". Die Raben-Redakteure haben sich nun den Spaß gemacht, und sämtliche Übersetzungen zu vergleichen anhand der ersten zwei Sätze. Flaubert selbst hat es so formuliert:


"Nous étions À l’étude, quand le proviseur entra, suivi d’un nouveau habillé en bourgeois et un garçon de classe qui portait un grand pupitre. Ceux qui dormaient se réveillèrent, et chacun se leva comme surpris dans son travail."


Doch was wird daraus im Deutschen ?


Caroline Vollmann (2003)hat eine der neuesten Übersetzungen geliefert, die von diversen Flaubert-Philologen und dem deutschen Feuilleton allerhöchst gelobt wurde wegen ihrer Textnähe. Diese Übersetzung steht nicht im "Raben", aber sie schlägt trotzdem vor:


"Wir waren im Arbeitssaal, als der Direktor eintrat, ihm folgten ein Neuer in ziviler Kleidung und ein Schuldiener, der ein großes Pult trug. Wer schlief, wachte auf, und jeder erhob sich, als sei er in seiner Arbeit gestört worden:"


A.Winterstein sieht’s so:


"Wir waren eben noch im Lehrerzimmer bei unseren Aufgaben, als der Vizedirektor des Instituts brüsk eintrat und einen neuen Zögling hineingeleitete, der noch nicht die passende Uniform des Instituts, sondern einen gewöhnlichen Anzug trug; ein Schuldiener, ein großes Pult auf dem Rücken schleppend, folgte ihnen auf dem Fuße nach. Die Knaben, welche während des Unterrichts eingenickt waren, fuhren aus ihrem Halbschlummer empor und taten, als wenn sie durch die neue Erscheinung in ihrer Arbeit gestört worden wären."


Spannend ist vor allem, mit welcher Präzision Ernst Sander auch die kleinsten Details in Flauberts Vorlage entdeckt hat, die dem Auge eines Durchschnittslesers möglicherweise entgehen, da sich die Kunst des Zwischendenzeilenlesens bei ihm nicht zu voller Blüte entfaltet hat:


"Es war kurz nach halb zwei; der Studienaufseher wartete auf den kleinen Dreiviertelschlag und schickte sich an, die Arbeiten vorlesen zu lassen, als der Direktor in der Unterrichtsraum der 'Mittleren' trat; ihm folgten ein etwa fünfzehnjähriger Junge und ein Pedell, der ein großes Pult trug. Die geschlafen hatten, fuhren hoch. Geräuschvoll wurden Wörterbücher aufgeschlagen und die zugeklappten Hefte zu sich gezogen. Wer Männchen gezeichnet hatte, versteckte sie unter seinem Atlas; mehr als einer, der mit feuerroten Backen einen Schundroman verschlang, hatte nur noch Zeit, ihn zwischen seinem Rücken und der Wand zu Boden gleiten zu lassen. Wer sich mit nichts beschäftigte, tat, als schnitzele er sich eine Feder zurecht. Dann sprangen alle auf, als seien sie bei der Arbeit überrascht worden."


Gerade die letzte Übersetzung hat wiederum mich überrascht.

Schlank sein und milbenfrei leben scheint nicht unmöglich

Wichtiges im Leben passiert im Bett. Neueste Forschungen haben zu alldem, was man eh schon wusste, noch weiteres Wissen angesammelt: Denn wer zu wenig schläft wird dick, und wer täglich sein Bett macht und es feinsäuberlich aufschlägt, sortiert und geordnet wieder hinlegt, holt sich bei weitem schneller Milben in Hütte und Kissen, als die Schluderfraktion. Da mit die Onkel Maxschen Horrorszenarien also nicht ganz so schnell eintreffen, am besten Decken knülen und zerwüstete Kissenberge hinterlassen. Oder so.

Dienstag, Januar 18, 2005

Helge, rette mich!

Es gibt Tage, da sieht einem eine besonders zynische Fratze des Schicksals ins ermattete Gesicht. Murphys Gesetzeshüter in Höchstform, verblüffend viel läuft gegen den Strich. Heute ist so einer der Tage. Abends: Spät eingeschlafen - nachts: schlecht geschlafen - morgens: verschlafen. Zehn Minuten für aufstehen, fertig machen, aufs Rad springen. Stress. Unten vorm Haus: Sintflutende Regengüsse. Nach nur 200m klatschnass. Wegen Zeitknappheit insofern gesaust wie der Wirbelwind. An einer Rechtsabbiege-Ecke in Ermangelung anderer Verkehrsteilnehmer die rotgelbgrün-Regel gebeugt. Und direkt um die Ecke standen sie: Die Hüter von Recht, Zucht und Ordnung. Und mir standen 25 € Strafe zu Buche. Bar bezahlen durfte ich nicht, und weil ich nicht der einzige Eingefangene war, durfte ich mich - spät wie ich war - noch in die EC-Kartenzahlerschlange einreihen. Eine geschlagene Viertelstunde und 417 Hektoliter Regenwasser später durfte ich endlich gehen. Oder fahren. Dann war in der Mensa meine Karte natürlich nicht aufgeladen, andere Unpässlichkeiten jagten auch noch in enggedrängter Abfolge hinzu. Nicht mein Tag heute.

Aber - Lichtblick: Helge bringt "Aprikose, Banane, Erdbeer - Kommissar Schneider und die Satanskralle von Singapur" auf die Bühne!

Was man sehen kann, wenn man sieht und hinguckt

Ich so: guck. Er so: sitz. Ich so: staun. Er so: lächel in die Kamera.

Potz Milchreis! Ermattet sank ich gestern vor den Fernseher, um mich nach getanem Tageswerk noch kurz berieseln zu lassen, und wen sehe ich? Felix Schweizer, mein Leeraner Religionslehrer aus der 9. Klasse, sitzt bei Wer wird Millionär! Schneller als die Polizei erlaubt ist er selten, denn er fährt immer Hollandrad. Schneller als die anderen Kandidaten war er auch nicht, und so kam er nicht in den Genuss, auf dem Ratestuhl Platz zu nehmen. Schade irgendwie.

Zum Abendabschluss gab's dann noch etwas gemütliches DVD-Gucken - über die pubertäre Liebe mit Kürbissen und dem Schaf Lola, Blinde, die scheinbar mehr sehen, als diejenigen, die sie kutschieren, Mika, Aki und das heimliche Fleischermesser, das doch ein Brotmesser war und vielleicht nie so existierte und Flöte spielende Clowns, die entfernt wie Lampenschirme heißen und noch enorme Schwierigkeiten haben, sich im großen Apfel zurechtzufinden.

Montag, Januar 17, 2005

Wurst gibt's woanders

Unverhoffte Stresslawinen sind krachend auf mich herabgestürzt. Doch ich will nicht jammern - Stress ist dazu da, um abgebaut zu werden. Auch wenn Stress nie mein bester Freund werden wird. Doof war: Unverhofft keine Simpsons heute wegen der Golden-Globes. Dafür gibt's die goldene Pfui-Kelle von mir. Golden ist übrigens auch das Bühnenjubiläum von Heino. Seit nunmehr 50 Jahren steht die singende Sonnenbrille schon auf der Bühne.

Sonntag, Januar 16, 2005

Kein Sinn des Lebens, aber Tennisbälle und Kirchenoberhauptsentführungspläne

Die wichtigsten Nachrichten des Tages, kurz zusammengefasst:

Hitler wollte den Papst entführen. Ein schwuler Iraki hat Moshammer ermordet. Ein Schlossgespenst in Südtirol muss vier Monate in Haft, während die mir unbekannte Xenia von Sachsen und der Kanzler-Halbbruder auf eine Burg ziehen. Lisa Loch hat beleidigt die Konten von Stefan Raab gesperrt und ihm den Gerichtsvollzieher bestellt. Ein Engländer will hingegen den Tennisball wieder haben, den sein Onkel vor hundert Jahren als Kind beim Spielen versehentlich zu hoch geworfen hatte, so dass er in einem Spalt der Lincoln Cathedral in London stecken blieb. Er muss sich allerdings gedulden, da erst in zehn Jahren mit einer Restauration des Bogengangs, wo der Ball feststeckt, gerechnet wird. Das Wetter: Klar und sonnig bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Wind: Nordnordwest, 2-3.

Freitag, Januar 14, 2005

Kampfhuhnbesuche und Erkenntnisgewinn

Dirk, dem sportpädagogischen Kampfhuhn, zufolge hat Werner Hansch einen schweren Deckungsfehler des ehemaligen Rostocker Verteidigers Thomas Gansauge mal mit den Worten "Der Strafraum ist kein Solarium" kommentiert. Und das, weil Gansauge angeblich ein Sonnenstudio besitzt. Beweisen kann ich es nicht. Lustig fand ich es trotzdem. Die Suchmaschinen streiken bei der Recherche. Erfahren habe ich zudem, dass man das Wortspiel "Auto-Unfall --> Autor-Unfall" als zündende Grundidee einer Dissertation nimmt. Wäre mir so nicht eingefallen. Vielleicht sollte ich doch nochmal meinem (zugegebenermaßen nur mäßigen) Wortspiel Klopstock - Stopklock nachgehen, mich durch Archive wühlen und nachweisen, dass Friedrich Gottlieb Klopstock (1724 - 1803) sich nicht nur antiken Formtraditionen der Lyrik zugewandt hat, sondern auch heimlich in Holland die Stopp-Uhr erfunden hat. Und das weitaus früher als bisher angenommen.

Modische Gewaltverbrechen, haufenweise dekorierte Ausscheidungen und lebensrettende Hinweise

Schreck lass nach, Du bist umzingelt. Irgendwer hat Rudolph Moshammer umgebracht! So egal mir der Hobbyhundefrisör, Seltsamefrisurträger und tuckige Modezar auch war - so ein Ende hätte ich ihm nicht gewünscht! Ersten Gerüchten zufolge wurde er von seinem Chauffeur gegen halb zehn tot aufgefunden - stranguliert mit dem Telefonkabel, das noch um den Hals hing. Näheres ist noch unklar.

Ebensowenig klar ist, wer in einem Park in Bayreuth teilweise bis zu hundert Hundehaufen am Tag mit amerikanischen Fahnen verziert. Das ähnelt fast ein wenig Hilmars Zivi-Geschichte, als die Gruppenleiterin einen kleinen, ziemlich durchgeknallten und störrischen Fratz rausschmiss und in den Nachbarraum verfrachete. Wo dieser dann heimlich, quietschvergnügt und unbemerkt auf den Tisch kackte und seinen Haufen mit hineingesteckten Playmobil-Figuren verzierte.

Interessant bleiben auch die amerikanischen Produkthinweise. Um sich Millionenklagen seitens denkunfähiger Kunden vom Hals zu halten, scheint es notwendig, auch die naheliegendsten Verwendungshinweise noch einmal explizit auf das Produkt zu drucken. So sieht sich ein Klobürstenfabrikant genötigt, darauf hinzuweisen, dass man den Schüsselschrubber bitte nicht zur Körperhygiene benutze. Völlig überraschenderweise fand sich der Hinweis "Achtung! Produkt bewegt sich, wenn es benutzt wird" auf einem Kinderroller. Und wer sich gerade noch über die in der Packungsbeilage gepriesenen vielseitigen Einsatzmöglichkeiten seines neuen Fieberthermometers freute, wurde vor dem Ausprobieren angewiesen: "Wenn dieses Thermometer rektal eingesetzt wird, sollte anschließend keine Messung im Mund durchgeführt werden." Weitere Highlights: "Erlauben Sie Kindern nie, in der Spülmaschine zu spielen", riet ein Produzent von Küchengeräten. Auf einem elektrischen Massagestuhl stand: "Zwängen Sie nie ein Körperteil in die Rückenlehne, wenn die Rotoren laufen." Preiswürdig definitiv auch der Hinweis auf einer Tischlerfräse: "Nicht als Instrument zum Zähne bohren gedacht". Manche Hinweise sind auch zielgruppenspezifisch: "Herunterschlucken schädlich" bei Angelhaken könnte als Hinweis so manchem experimentierfreudigen Angler das Leben gerettet haben. Würde man den Fischen diese Information allerdings stecken, dürfte sich wütende Enttäuschung unter den Fischfängern der Nation breit machen.

Donnerstag, Januar 13, 2005

Kokospokos

Neues aus der Mensa: Heute gab es "Ananasfrikadellen". Nach Kängurukeulen und Straußengulasch bewies die Küchenleitung wieder Gespür für lukullische Kuriositäten. Möglicherweise gar eine neue Etappe auf dem Weg hin zu Otternasen, Lerchenzungen oder Buchfinkenhirnen? Kamel gab es bisher auch noch nicht.

Anyway: Aufgrund selbstkritischer Durchleuchtung und der darüberhinaus gegebenen Gefahr, missverstanden zu werden, sind die teppichphilosophischen Erörterungen inzwischen auf dem Müll gelandet.

Quadrathosen: bisher keine. Antonius: heilig und versucht.

Seeigel rollen wie Räder, Ammonshörner spulen sich wie Kabel ab, die Austern kreischen in ihren Gelenken, Polypen wedeln mit ihren Fangarmen, Quallen schwanken wie Kristallkugeln, Anemonen sprudeln Wasser. Wasserkürbisse wölben sich wie Brüste, Lianen ringeln sich wie Schlangen. Steinerne Hirne, Stalaktiteneuter, eiserne Blumen wie Figuren in einem Teppich. Diamanten strahlen wie Augen, Minerale zucken. Doch motten wir Flaubert vorerst wieder in die Kiste und halten fest: Ich hab den Sponge-Bob-Film im Kino immer noch nicht gesehen.

Montag, Januar 10, 2005

Neologisme du jour

Bei meiner heutigen Kreuzfahrt durch die sogenannte "Blogosphäre", ein Wort, das mir die Nackenhaare in Schillerlocken kräuselt, habe ich nicht nur den "Kind-im-Magen-Satz" entdeckt, sondern auch mein neues Lieblingswort: Chattreffthread. Es birgt entfernte Ähnlichkeiten mit walisischen Ortsnamen und die Gefahr, sich beim Aussprechen permanent auf die Zunge zu beißen. Gefunden habe ich das Wort bei Steffi. Wer Steffi ist? Keine Ahnung, ich kenne sie nicht und hatte bis heute Nachmittag nicht den leisesten Hauch einer Ahnung, dass es sie gibt. Was ich nun weiß: Sie sagt "bääh" zur "Schuläää". In ihrem Internettagebuch hat sie's beschrieben. Und sie hatte gestern den besten Abend ihres Lebens. Ich glaube und hoffe, ich hatte schon bessere Abende. Wer mag, schaut rein (Link oben), wer nicht mag, darf gern versuchen, zwölfmal hintereinander Chattreffthread zu sagen, ohne sich auf die Zuunge zu beißen.

Sonntag, Januar 09, 2005

Wider Erwarten wurde niemand verschluckt

Großartige Sätze kommen meist aus dem Nichts - und wenn sie da sind, knackt man vor Freude mit den Kieferknochen. Heutiger Kandidat:

"Kind im Magen waren so toll!"

Im Netz gefunden. Großartig amüsiert. Ich wähnte mich inmitten eines finsteren Walds im Märchenland - einer kannibalistischen Hexe mit grammatikalischen Aussetzern auf der Spur. Auch die könnten ja inzwischen Internettagebücher haben. Hoffnungslos strampelnde Zweikäsehochs, die im Hexenbauch gegen die Magensäure kämpfen, während sich die warzenwangige Schrumpelnase vergnügt den Bauch reibt. Neue Verbrechen im Knusperhäuschen? Der Meisterdetektiv begann sich schon sein weiteres Vorgehen zurechtzulegen, ehe er überraschend schnell der richtigen Antwort auf die Spur kam, und die ist fast schon verblüffend einfach: Kind im Magen sind eine Band.

Und plötzlich steckte die Stoßstange im Fernseher

Der Leeraner Plytenberg ist in Metern weitaus höher als die Wahrscheinlichkeit in Promille, dass ich irgendwann einmal nach Kirchhatten bei Oldenburg ziehe. Und wenn, dann nicht ins Haus von Hans Dieter Leonhardt und Gudrun Becker. Wer jetzt vermutet, dass ich die beiden nicht leiden könne, den schubst seine Fantasie auf glattes Eis. Nein! Ich kenne die beiden nichtmal. Aber in wohl keinem anderen Haus in Deutschland ist die Wahrscheinlichkeit so groß, einem Auto samt Fahrer innerhalb der Wohnung zu begegnen.

LKW und Mercedes im Wohnzimmer, Minicooper im Flur - alles schon dagewesen. Zehn verschiedene Wagen haben sich seit den siebziger Jahren schon Eingang zum Haus verschafft und sind krachend durchs Gemäuer gebrettert. Allen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen zum Trotz.
Und neben allen Zusatzkosten, die trotz Versicherungsbegleichung überbleiben, ist jetzt auch noch die obere Etage unbewohnbar geworden - Einsturzgefahr. Die Familie hat jetzt endgültig genug und zieht um. Theoretisch könnte man nun das alte Haus für den Verkehr freigeben.

Veni, dici, dismissi - oder: Die Welt zwischen Erwin und der Zebraspringspinne

Die Welt bleibt voller mysteriöser Nebel und kaum ergründlicher Rätsel. Eins davon ist, nach welchen Regeln der Kunst die Metereologen ihre Hochs und Tiefs mit Namen benennen. Das Sturmtief, das jetzt über uns hinwegjagte, hieß "Erwin". Ob sie nun kurz zuvor Loriots Lottogewinner Erwin Lindemann gesehen, das grandiose "Erwin mit der Tröte" von Volker Kriegel durchblättert oder eine alte Schalke-Doku mit Erwin Kremers gesehen haben - man weiß es nicht. Überlebenswichtig wäre eine Antwort nicht, spannend aber allemal.

Spannend bliebe auch die Frage, wie man am geschicktesten den Bogen schlägt von Erwin zu Bruder Robert O'Brian, einem walisischen Mönch, der sein Schweigegelübde brechen musste, weil er den Koch gefeuert hat. Ich lasse die geschickten Bögen im Schrank, übergehe die Frage und erzähle lieber die Geschichte. Als Mönch bei den Trappisten lebt Bruder Robert auf einer abgeschiedenen kleinen Klosterinsel in Wales zusammen mit 14 anderen Mönchen. Gemeinsam haben sie sich einem strengen Schweigegelübde verschrieben, fristen ein eremitisches Dasein auf ihrem klitzekleinen Eiland. Gesprochen wird nur in Notfällen. Der Notfall scheint nun eingetroffen, denn nach 23 Jahren hat die Abtei ihrem Koch und Mädchen für alles, Andrew McHardy und seiner Frau gekündigt. Aus Kostenspargründen, und weil der Koch gern trinkt. Der fand das doof und hat nun Beschwerde beim Arbeitsgericht eingelegt. Somit musste der Glaubensbruder in einer kleinen Nussschale zum Festland rudern und sein Schweigegelübde brechen, um sich vor dem Kadi zu verantworten.

Weitere Neuigkeiten: Die Zebraspringspinne ist von der arachnologischen Gesellschaft zur Spinne des Jahres 2005 gewählt worden und damit Nachfolgerin der grünen Huschspinne (2004), der großen Zitterspinne (2003) und der Listspinne (2002). Ob es auch Spinnen gibt, die Erwin heißen oder ob demnächst das Tief "grüne Huschspinne" über uns hinwegdonnert, bleibt wohl den elfenbeinumturmten Forschern überlassen. Dank und Gruß für Anregung geht nach Zwingenberg.

Here comes the sun

Wie schön die Sonne ist, wenn sie ganz frisch sich hebt und wie in einem Bersten ihren Morgengruß uns zuwirft! - Glückselig, wer in Liebe sie grüßen kann, wenn sie glorreicher als ein Traum im Glanze sinkt! (Charles Baudelaire)

Wild peitschte die sturmumtoste Nacht, in der Windböe über Windböe an meinen Fenstern rüttelte, als wäre unser Haus ein Apfelbaum, dessen reife Früchte man ohne Klettern ernten will.

Und nun?

Der neue Tag ist wie Mr. Burns nach seiner allfreitäglichen Spezialbehandlung - er strahlt und bringt uns Liebe und Frieden. Die Sonne taucht die Welt in warm glänzendes Licht, nur ein paar kaninchenförmige Wolken ziehen harmlos am Horizont vorbei, in allen Wipfeln spürest Du kaum einen Hauch. Und nicht den Hauch von Lust habe ich momentan auf Hausarbeiten-Herumdoktern und ähnliche universitäre Pflichten, denen ich mich unsinnigerweise entziehe. Als ob sie dadurch verschwänden... Selbstbetrug, ich komme Dir auf die Schliche!

Samstag, Januar 08, 2005

Le roi est-il mort? Vive le roi!

Nicht wenige Anagrammatiker haben es schon lange bemerkt: Elvis lives. Heute wird er siebzig. Und nach wie vor bewirtschaftet er seit seinem unerwarteten Abtauchen (was manche als Tod interpretierten) die Tankstelle zwischen Weener und Möhlenwarf, was nur wenige wissen. Manchmal geht er mit seinem Hund "Wolf-Dieter" in Dielerheide, Stapelmoor oder zwischen Wymeer und Boen im harschen Herbstwind spazieren (den ostfriesischen Weimar und Bonn, auch wenn Besuche von Goethe, Wieland, Schiller, Herder oder Beethoven nur unzureichend belegt sind). Letzte Woche noch hat er seiner neuen Frau Elske beim Neujahrskuchenbacken geholfen. Heute Nachmittag werden seine Nachbarn Siefke ten Broek, Harm Harms, Joke Buskool und Remmer Remmers ihm einen Kranz in den Garten stellen. Dann gibt's ne Buddel Kur, die von Silvester übriggebliebenen Speckendicken und eine zünftige Teezeremonie mit Rahmwulkje mit lecker Kluntje.

Kleinkindercountdown

Es fehlen noch sechzehn. Wenn keiner stirbt und keiner wegzieht, werden die sechzehn hoffentlich bald schrumpfen. Je weniger es werden, desto freudiger reibt sich Gerd Göbel die Hände. Drum ab in die Kiste, los die Leidenschaft und gewinnen.

Das klitzekleine Kaff Tiftlingerode bei Göttingen will seine Bewohner mit ungewöhnlichen Methoden zum tausendsten Neubürger anstiften und einen Babyboom auslösen. Bisher sind 984 Einwohner registriert. Bürgermeister Gerd Göbel sagte am Freitag, junge Familien bekämen neben günstigen Grundstücken für drei Monate ein Auto, einen Kinderwagen, Strampelanzüge, einen kostenlosen Lottoschein und jeden Morgen frische Brötchen. Zwei Mal im Monat will sich der Bürgermeister selbst sogar als Babysitter zur Verfügung stellen.

Kreative Juristen im mexikanischen Paragraphendschungel

Eine Stadt in Mexiko, etwa doppelt so groß wie Münster: Villahermosa. Für alle, die ihr Spanischlexikon unangetastet im Schrank stehen lassen möchten - zu deutsch: Die wunderschöne Stadt. Doch die Wunderschönheit des Lebens dort beginnt zu bröseln. Denn die Stadtherren haben wunderschöne Ideen entwickelt, die Stadtbewohner zu gängeln. Ein Leben ohne Regeln ist kein Leben, auch wenn diese fast schon absurde Blüten treiben.

Wenn man der mexikanischen Tageszeitung "La Jornada" glauben schenkt, dürfen die villahermosischen Bürger seit dem 1. Januar nicht einmal mehr in ihren Privatwohnungen nackt herumlaufen. Trotz tropisch heißer Temperaturen, vor allem im Hochsommer. Andernfalls drohen ihnen 36 Stunden Arrest oder eine Geldstrafe von umgerechnet rund 100 Euro.

Doch ein Verbot allein ist einsam, sitzt verlassen und den Tränen nahe in einer finsteren Ecke, wird verspottet und verhöhnt. Insofern haben sich die kreativen Verbotserfinder erbarmt und gleich noch ein paar weitere Verbote erlassen. Nun droht den gut 500 000 Einwohnern der 750 Kilometer südöstlich von Mexiko-City gelegenen Stadt zudem drakonisches Unheil und wüste Bestrafung, wenn sie ihren Mitbürgern ohne Grund «Ohrfeigen oder Fausthiebe» versetzen, Hunde auf sie hetzen oder ohne Einladung zu einem Fest erscheinen - wenn letzteres bei Münsteraner Studentenparties genauso wäre... Ohauerha!

In Deutschland ist es grad Trend, in egal welcher Sendung an SMS-Votings teilzunehmen und sich Klingelton-Abos zu bestellen. In Mexiko scheint man umso hipper zu sein, je mehr abstruse Verbote man sich ausgedacht und erlassen hat. Denn auch andere Städte basteln wild an neuem, ideenreichem Regelwerk. In Mexiko-Stadt ist es jetzt verboten, an Ampeln Windschutzscheiben zu putzen oder Gegenstände zum Kauf anzubieten. Interessant wäre aber vor allem, ob jemals ein splitterfasernackter Gaucho in den eigenen vier Wänden in Villahermosa angezeigt wird. Denn, wie zu erwarten war, ist das Ausspionieren von Nachbarn dort ebenfalls verboten. Wunderschöne Geschichte, das.

Donnerstag, Januar 06, 2005

C2 H5 OH

Es knistert beim Auspacken, ist noch warm, und dampft frisch und knackig: Die nigelnagelneueste Portion Bildung für das wissbegierige Volk.

Denn wie ich heute herausgefunden habe, stammt das Wort Alkohol aus dem arabischen "Arkul" oder "Alkul" und bedeutete "aus Antimon bereitete Augenschminke, das Puder, das Feinste". Ich habe mich mit meinem Bier bisher noch nicht zu schminken versucht, vielleicht geht das aber ja mit Trockenbierpulver?!

Mittwoch, Januar 05, 2005

Perdido sobre la isla bonita

Gar nicht so übel! Nicht so lang ist's her, da hat Bayer Leverkusen gegen Real Madrid mit 3:0 gewonnen. Die Galaktischen wankten und plumpsten platt auf ihren Hosenboden. Jetzt hat sich in Spanien ein Haufen tapferer Ostfriesen dem rheinischen Werksclub entgegengestemmt. Weil sie den "O2-Cup" gewonnen haben, dürfen die Kicker von Germania Leer gerade ein Trainingslager auf Gran Canaria absolvieren. Und im Testspiel gegen Bayer Leverkusen haben sie nur ein Gegentor mehr kassiert als einst Real Madrid. Inzwischen versumpfen die Leeraner ja in der Landesliga, wo sie doch schonmal ans Tor zur zweiten Liga geklopft haben. Aber das ist vergessen. Auch fast komplett in Vergessenheit geraten: Der Gilb!

Schwimmnippel, aufblasbare Schachlosigkeit und die Schwerkraft

Ich spiele kein Schach, matt bin ich trotzdem. Viel Feiern = wenig Schlaf = viel Müdigkeit. Meine inneren Windungen entwickeln momentan zudem ohmsche Rekordwiderstände gegen die Vorstellung, am Montag wieder in der Uni anzutanzen. Nicht den leisesten Windhauch von brodelnder Lust! Zu letzterer passen eigentlich auch gut aufblasbare Schwimmnippel, die irgendwas mit Schwerkraft und Margot, die Möhren futtert, zu tun haben. Eigentlich sind es wohl Amarettini, lutschbare Pralinébonbons, à peu près. Vielleicht funzelt auch ein winziger Docht der Niedergeschlagenheit schwach flimmernd in mir. Schwerkraft auch hier? Die genauere befindlichkeitsanalyse steht noch aus. Bleiben wir gespannt, was neues Kalender- und Lebensjahr für (hoffentlich durchweg positive) Überraschungen in den Weg werfen werden.

Dienstag, Januar 04, 2005

Postpseudowhirlpoolamnesie und Zwischenschrittbereiche läuten schmunzelnd das gerviertelte Jahrhundert ein

Heidewitzka! So fühlt sich das Vierteljahrhundert also an. Irgendwie nicht wesentlich anders. Der für heute wesentliche Unterschied scheint zu sein, dass sich nicht wenige Menschen, die mich schon (fast) den gesamten Zeitraum über kennen, zu Rückblicken genötigt fühlen.

25 Jahre Entwicklung Revue passieren lassen. Dass ich mit drei Jahren im Sommer immer sofort die Unterhose von mir gerissen habe und nackt durch den Garten meiner Tante gerannt bin (in den letzten Jahren hat das doch ein wenig abgenommen), dass ich früher gern durch Kaufhäuser gelaufen bin, um zu krakeelen: "Wir kaufen hier nix, wir gehen hier nur durch!" Und derähnlichen mehr.

Witzig war auf jeden Fall das gestrige Reinfeiern im heimischen Mulligan's Pub mit Enno und Hilm. Zunächst kamen wir über die üblichen geistigen Umwege bei unserem Lieblings-Melmacianer an: ALF. Und bei der Folge "Gestatten, mein Name ist Schlegel".

Zur Erinnerung: Alf will einen Whirpool. Wenn man keinen hat? Nimmt man eine normale Badewanne und einen Küchenmixer, um damit im das Wasser blubbernd zu quirlen. Und - zack! fümms bö padautz peng! Alf kriegt einen elektrischen Schlag! Durch den verliert Alf sein Gedächtnis. Nun glaubt er, der Versicherungsvertreter Wayne Schlegel zu sein, der den Tanners unbedingt eine Versicherungspolice andrehen muß...

Kurz vor zwölf Uhr betrat dann ein Pärchen das Pub, beide etwa fünfzehn Jahre alt. Erschütternd war dabei die Unattraktivität des männlichen Parts - hässlich wie die Mitternacht, vor allem verglichen mit seiner Freundin. Leichte Ratlosigkeit über diese doch etwas ungleiche Combo führte Hilmar zu der diskussionswürdigen Vermutung, dass ihre Faszination an ihm wohl in erster Linie auf seine "Fleischpeitsche" zurückzuführen sei, die er im zwischenschrittlichen Bereich vermutete. Enno erweiterte das Bild dann um "den dickadrigen Bestrafer". Die Metaphorik der Sprache in Pornofilmen wird landläufig stark unterschätzt finde ich, vor allem in ihrem humoristischen Potenzial. Aus beiden Situationen zusammen haben wir nun in Erwägung gezogen, die zunächst musikfreie Band "Wayne Schlegel & Die dickadrigen Bestrafer" zu gründen. Musikrichtung dürfte zwischen Anarchopunk, Serge Gainsbourg, James Last und Truck Stop oszillieren. Bleiben wir gespannt.